Asylstreit in der Union:Zweiertreffen im Kanzleramt

Merkel And Seehofer Meet Following EU Summit

Sie geht voran, wird er ihr folgen? Angela Merkel und Horst Seehofer treffen sich zu einem Zweitergespräch im Kanzleramt, um den Asylstreit beizulegen.

(Foto: Getty Images)
  • Kanzlerin Angela Merkel und Innenminister Horst Seehofer sind am Samstagabend im Kanzleramt zusammengetroffen.
  • Am Sonntag beraten die Spitzengremien von CDU und CSU in getrennten Sitzungen in Berlin und München, um den Asylstreit beizulegen und eine Lösung für die Regierungskrise zu finden.

Wie geht es weiter im Asylstreit der Union? Nachdem Angela Merkel am Samstag in einem Schreiben an die Partei- und Fraktionschefs von SPD und CSU darauf hingewiesen hat, die sie mit den anderen EU-Staaten eine deutliche Verschärfung der Asylpolitik erreicht hat, sprechen sie und der CSU-Chef am Abend unter vier Augen im Kanzleramt miteinander. Kurz vor 20.30 Uhr trifft Seehofer ein.

Zuvor hat er sich in seinem Innenministerium mit den Experten beraten. Sie sollten die von Merkel vorgeschlagenen Maßnahmen rechtlich prüfen. Dabei geht es um die sogenannten Ankerzentren, in denen Asylbewerber gesammelt werden sollen, die bereits in anderen Ländern registriert sind. Außerdem um Abkommen zur beschleunigten Rückführung, die die Kanzlerin mit Spanien und Griechenland bereits abgeschlossen hat und von 14 Ländern in Absicht gestellt bekommen haben will. (Eine ausführliche Darstellung der einzelnen Punkte aus Merkels Schreiben lesen Sie hier)

Merkels und Seehofers Zwiegespräch soll den Boden bereiten für ein Ende des Asylstreits zwischen CDU und CSU. Die Frage ist: Reicht der CSU das, was Merkel bieten kann? Sind Seehofer, der bayerische Ministerpräsident Markus Söder und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der Auffassung, dass sie nun gesichtswahrend auf eine gemeinsame Linie der Union einschwenken können? Oder wollen sie weiter auf dem beharren, was die Kanzlerin unbedingt verhindern will: Zurückweisungen an bayerischen Grenzübergängen ohne Absprache mit den europäischen Partnerländern?

Offenbar haben Merkel und Seehofer vereinbart, dass nichts nach außen dringen soll von ihrem Gespräch. Eine öffentliche Erklärung ist am Samstagabend nicht geplant. Nur kurz auf einem der Balkone im Kanzleramt zeigen sich die beiden. Seehofer trägt Anzug, aber ohne Krawatte, Merkel einen blauen Blazer. Beide haben Gläser in der Hand, Merkel offensichtlich mit Weißwein, aber ihre Mienen wirkten angestrengt. Das hier ist keine Veranstaltung, die Freude bereitet. Als die Kanzlerin und der CSU-Chef in einem der Räume verschwinden, werden die blickschützenden Gardinen rasch zugezogen. Nach etwas mehr als zwei Stunden verlässt Seehofer das Kanzleramt wieder.

Erst der Sonntag wird entscheiden, ob der Asylstreit wirklich einer Lösung entgegengeht. Um 15 Uhr kommen zunächst der CSU-Vorstand und die CSU-Landesgruppe in München zusammen. Etwa 600 Kilometer nördlich trifft sich in Berlin um 17 Uhr das CDU-Präsidium und dann anschließend um 19 Uhr der im Vergleich dazu größere CDU-Vorstand. Im Anschluss sind sowohl bei der CSU als auch bei der CDU öffentliche Statements geplant.

Am Samstag waren von zahlreichen Unionspolitikern mäßigende Töne zu hören. Selbst Söder sprach von "einem richtigen Schritt in die richtige Richtung"

Nach wie vor wird in Kreisen von CDU und CSU nicht ausgeschlossen, dass die schwarz-rote Bundesregierung nur gut 100 Tage nach ihrem Start am unionsinternen Streit über die Migrationspolitik zerbricht. Möglich ist auch, dass dann nach gut 70 Jahren die traditionelle Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU vor dem Aus steht.

Sollten Merkel und Seehofer keine gemeinsame Lösung finden, dürfte der Innenminister Anfang der Woche einen nationalen Alleingang bei der Zurückweisung von Migranten anordnen, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind oder dort einen Asylantrag gestellt haben. Merkel ist gegen ein solches Vorgehen - es wird erwartet, dass sie Seehofer bei einem einseitigen Vorgehen entlässt.

Das wäre wohl der Anfang vom Ende der Union.

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