Asylrecht im Kabinett:Das steckt im neuen Asylpaket

Migrant and his children walk in front of buildings in a refugee camp in Hameln

Mit dem Asylpaket II soll der Zuzug von Flüchtlingen begrenzt werden.

(Foto: REUTERS)
  • Das Bundeskabinett wird heute voraussichtlich das Asylpaket II verabschieden. Damit soll der Zuzug von Flüchtlingen verringert und besser gesteuert werden.
  • Demnach soll der Familiennachzug deutlich erschwert werden. Außerdem soll es eine Residenzpflicht für Flüchtlinge in Aufnahmeeinrichtungen geben. Abschiebungen soll erleichtert werden.
  • Neben dem Asylpaket will das Kabinett auch mehrere Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklären.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Die Bundesregierung will den Zuzug von Asylbewerbern besser steuern und deutlich verringern sowie abgelehnte Asylbewerber schneller in ihre Heimatländer abschieben. An diesem Mittwoch wird das Bundeskabinett in Berlin voraussichtlich die nötigen gesetzlichen Regelungen dazu verabschieden. Diese sind gebündelt in dem in der Koalition wochenlang heftig umstrittenen Asylpaket II, konkret dem Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren. Auf dem Kabinettstisch liegt außerdem der Gesetzesentwurf zur Änderung des Asylgesetztes bezüglich sicherer Herkunftsstaaten. Beide Gesetze verschärfen das deutsche Asylrecht nochmals deutlich. Die wichtigsten Maßnahmen im Überblick.

Der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten soll für zwei Jahre ausgesetzt werden. Damit will die Bundesregierung verhindern, dass sich die Zahl der Asylbewerber binnen kurzer Zeit vervielfacht. Angesichts der hohen Zahl von Asylsuchenden dürfte nämlich auch die Zahl der Anträge auf Familiennachzug entsprechend hoch ausfallen. Subsidiär Schutzberechtigte sind Flüchtlinge, die sich nicht auf das Grundrecht auf Asyl berufen können, und dennoch eine vorübergehende Aufenthaltsberechtigung erhalten, weil die Lage im Herkunftsland eine Rückkehr vorübergehend unmöglich macht: Ihnen müssen Folter oder Todesstrafe drohen oder ihr Leben muss wegen "Rasse, Religion, Nationalität oder politischen Überzeugung" gefährdet sein. Über einen "humanitären" Umweg sollen aber auch subsidiär Schutzbedürftige, vor allem aus Syrien, Angehörige nachholen können. Partner oder Kinder, die in Flüchtlingslagern in der Türkei, Jordanien und dem Libanon sind, sollen vorrangig über Kontingente nach Deutschland geholt werden. Solche Kontingente müssen über Verträge der EU mit diesen Ländern vereinbart werden.

Minderjährige Flüchtlinge, die in Aufnahmelagern oder Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind, sollen besser geschützt werden. Personen, die diese Minderjährigen betreuen, müssen, egal ob ehren- oder hauptamtlich, den Betreibern der Einrichtungen ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen. Wer strafrechtliche Delikte in den Akten stehen hat, soll Kinder und Jugendliche nicht betreuen dürfen.

Zur besseren Steuerung des Zuzugs werden Leistungen, auf die die Flüchtlinge gesetzlichen Anspruch haben, davon abhängig gemacht, dass sie sich registrieren lassen und an dem zugewiesenen Ort aufhalten. Asylsuchende sollen die vollen Leistungen erst dann erhalten, wenn sie registriert und verteilt sind sowie einen Ankunftsnachweis in der zugeteilten Aufnahmeeinrichtung erhalten haben. Während ihres Aufenthalts in den Aufnahmeeinrichtungen soll eine strenge Residenzpflicht gelten. Flüchtlinge dürfen den Bezirk der Ausländerbehörde, in der ihre Aufnahmeeinrichtung liegt, nicht verlassen. Tun sie das doch, soll sich das negativ auf Leistungen und das Asylverfahren auswirken.

Wer einen Computer haben oder Sport treiben will, muss das jetzt selbst finanzieren

Asylbewerber sollen sich an den Kosten der Integration beteiligen. Wer Zugang zu Integrationskursen bekommt, soll einen Teil der Kosten dafür, zehn Euro monatlich, aus eigener Tasche bezahlen.

Geldleistungen sollen rückwirkend vom 1. Januar 2016 an "in angemessenem Umfang abgesenkt werden". Im Gesetzentwurf heißt es, angesichts der "besonderen Bedarfslage der Leistungsberechtigten" würden Geldleistungen für notwendige persönliche Anschaffungen zu Beginn ihres Aufenthaltes neu festgesetzt - und gegenüber den derzeit geltenden Leistungssätzen "durch eine Nichtberücksichtigung von einzelnen Verbrauchsausgaben" gekürzt. Alleinstehende Leistungsberechtigte bekommen beispielsweise zehn Euro weniger. Wer sich die Wartezeit mit einem Fernseher, einem Videogerät, Computer, Software oder Sport vertreiben will, muss entsprechende Anschaffungen künftig selbst finanzieren.

Mit dem Gesetzespaket will die Bundesregierung Abschiebungen deutlich erleichtern. Bisher scheitern geplante Rückführungen von Flüchtlingen vielfach an ärztlichen Attesten, in denen medizinische Gründe dagegen aufgeführt werden. Künftig sollen solche Atteste nur noch in Ausnahmefällen die Rückführung verhindern können, etwa bei schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankungen. Zudem soll es einheitliche Grundlagen geben, nach denen medizinische Atteste im Zusammenhang mit Abschiebungen ausgestellt werden. Parallel dazu will die Bundesregierung einen weiteren Grund angehen, der Abschiebungen oft unmöglich macht: fehlende Papiere. Künftig will der Bund dafür sorgen, dass die Ausweisdokumente für abgelehnte Asylbewerber, die Deutschland wieder verlassen müssen, zügig und vollständig beschafft werden.

Für bestimmte Gruppen von Asylbewerbern wird ein beschleunigtes Asylverfahren eingeführt. Die Bearbeitung des Antrages nebst nachfolgendem Rechtsmittelverfahren soll nur noch drei Wochen dauern. Zu diesen Gruppen zählen unter anderem Flüchtlinge aus sogenannten sicheren Herkunftsländern. Künftig sollen auch Algerien, Marokko, Tunesien, die Türkei und Afghanistan dazu zählen.

Einer Mitteilung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zufolge haben die Bundesländer im Januar rund 92 000 Flüchtlinge erfasst - ein Jahr zuvor waren es 32 200 Asylsuchende gewesen. Die meisten Flüchtlinge (35 822) gaben an, aus dem Bürgerkriegsland Syrien geflohen zu sein. Jeweils etwas mehr als halb so viele gaben Irak (18 563) und Afghanistan (18 099) als Herkunftsland an. Deutlich weniger Flüchtlinge kamen aus Iran, Marokko sowie Algerien, Pakistan, dem Libanon, Somalia und Eritrea.

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