Asylpolitik:SPD entfacht Debatte um Auffanglager neu

Fraktionschef Thomas Oppermann will auf dem Mittelmeer gerettete Flüchtlinge zurück nach Nordafrika bringen lassen.

Von Roland Preuss

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hat mit der Forderung nach Einrichtung von Auffanglagern für Flüchtlinge in Nordafrika scharfe Reaktionen von Grünen und Linkspartei hervorgerufen. Der Vorschlag sei "inhuman und entbehrt jeder rechtlichen Grundlage", erklärte die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Luise Amtsberg. Die Genfer Flüchtlingskonvention verbiete es, Menschen auf dem Meer zurückzuweisen. Auch der Vize-Fraktionsvorsitzende der Linken, Jan Korte, kritisierte Oppermann. "Im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge zurückzuschicken, bedeutet noch mehr verzweifelte Versuche, noch gefährlichere Routen und damit zwangsläufig noch mehr Tote", erklärte er. "So viel Skrupellosigkeit" sei man von der Union gewohnt. Unionsfraktionsvize Stephan Harbarth dagegen begrüßte Oppermanns Vorstoß.

Oppermann hatte in einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung eine Neuordnung der deutschen Flüchtlings- und Einwanderungspolitik verlangt. Sein brisantester Punkt: eine engere Zusammenarbeit mit nordafrikanischen Staaten, "nicht nur mit dem zerrissenen Libyen, sondern auch mit stabileren Transitländern" wie etwa Marokko und Tunesien. Es sei nicht hinnehmbar, dass Schleuser in einem mafiaähnlichen Geschäft darüber entschieden, wer es nach Europa schaffe. Um diesen Schleuserbanden die Geschäftsgrundlage zu entziehen, müssten Flüchtlinge, die im Mittelmeer gerettet werden, "wieder zurückgebracht und zunächst in Nordafrika versorgt und betreut werden". Damit erhält Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erstmals prominente Unterstützung aus der SPD für seine Auffanglager-Pläne, die er seit Monaten immer wieder vorbringt.

Dabei will es der SPD-Fraktionschef jedoch nicht belassen, denn die Menschen, die meist aus weiter südlich liegenden Ländern stammen, leben oft unter erbärmlichen Bedingungen in Nordafrika, zum Teil werden sie eingesperrt oder misshandelt, ein geordneter Flüchtlingsschutz existiert oft nicht. In Libyen, wo ein Bürgerkrieg tobt, fehlt zudem ein handlungsfähiger Staat. Oppermann fordert denn auch, die Transitländer dabei zu unterstützen, "eigene funktionsfähige Asylsysteme" aufzubauen. Menschen, die tatsächlich Schutz benötigten, müssten von Afrika aus auf alle EU-Länder verteilt werden. Da mehrere EU-Länder eine solche Verteilung vehement ablehnen, schlägt Oppermann vor, dass sich europaweit Kommunen um Flüchtlinge bewerben sollen und hierfür Geld aus einem EU-Fonds erhalten, womit Kitas oder Schulen besser ausgestattet werden könnten, auch für Einheimische.

Auffanglager in Afrika sind immer wieder gefordert worden, der damalige Innenminister Otto Schily hatte sich bereits 2004 dafür starkgemacht. Die Debatte wird wieder geführt, weil die meisten Flüchtlinge derzeit über das zentrale Mittelmeer nach Europa kommen, 2016 waren es 181 000. Am Freitag hatten sich die Staats- und Regierungschefs der EU vorgenommen, auf solche Zentren in Libyen hinzuarbeiten.

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