Asylpolitik:Prügelknabe

Manfred Schmidt hat die Zahl der Asylbewerber unterschätzt. Dennoch schätzen auch Kritiker den jetzt zurückgetretenen Präsidenten des Bundesamtes für Migration.

Von Stefan Braun und Roland Preuss, Berlin/München

Jetzt also soll es Frank-Jürgen Weise richten. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit wird zwar wohl nicht neuer Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Aber er wird dem künftigen Chef des Amtes so deutlich zur Seite gestellt, dass man bereits erahnen kann, wer in der angekündigten Koordination zwischen Bundesagentur und Bundesamt der oberste Regieführer werden dürfte. Noch scheut die Bundeskanzlerin, sich einen Chefkoordinator für die Flüchtlingskrise zu holen. Aber irgendwas knapp drunter wird Weise in den kommenden Wochen für die Bundesregierung sicher darstellen. Die Not ist groß, deshalb sucht Berlin jetzt nach erfahrenen Organisatoren. Zumal der Rücktritt des bisherigen Bamf-Präsidenten Manfred Schmidt dort fachlich erst mal eine Lücke lässt, die auch der beste Nachfolger nicht sofort wird schließen können. Dass Schmidt nun hinwarf, kam letztlich nicht mehr überraschend. Insbesondere der Dienstagabend wird ihn sehr geschmerzt haben. Ein Abend ist das für ihn gewesen, an dem die Kritik, die politischen Attacken, auch die Ablenkungsmanöver besonders über ihn hereinbrachen. Vor allem die Ministerpräsidenten nutzten das gemeinsame Treffen mit der Kanzlerin, um dem Präsidenten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge eine besonders große Verantwortung für die Probleme bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise zuzuschieben. Quasi jeder Landesregierungschef kritisierte und lamentierte, dass die Verfahren beim Asyl so lange dauern würden. Und obwohl sachliche Kritik sicher angebracht ist, dürfte Schmidt sich als Prügelknabe empfunden haben, der auch Versäumnisse anderer ausbaden sollte.

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