Asylpolitik:Nürnberger Neuanfang

Lesezeit: 2 min

Hans-Eckhard Sommer, Asylexperte aus dem bayerischen Innenministerium, soll neuer Chef der obersten Flüchtlingsbehörde werden. (Foto: BR)

Hans-Eckard Sommer aus dem bayerischen Innenministerium folgt auf die entlassene Bamf-Chefin Jutta Cordt - er gilt in Migrationsfragen als "harter Hund".

Von Jan Bielicki und Bernd Kastner, München

Bamf bleibt Bamf - und doch soll sich viel ändern im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Das ist die aktuelle Botschaft von Bundesinnenminister Horst Seehofer vom Montag. Der CSU-Chef dementierte Meldungen vom Wochenende, wonach im Rahmen der geplanten Reform des Asylbundesamtes auch dessen Namen geändert werden solle. Sicher und offiziell vom Bundesinnenministerium bestätigt aber ist, wer das Bamf mit seinen gut 7000 Mitarbeitern künftig leiten soll: Hans-Eckhard Sommer aus dem bayerischen Innenministerium. Vorausgesetzt, das Bundeskabinett stimmt seiner Ernennung zu, soll der Jurist Jutta Cordt nachfolgen, die in der vergangenen Woche nach eineinhalb Jahren als Bamf-Chefin abberufen wurde.

Wer in der Nürnberger Bamf-Zentrale auf den bisherigen Vize-Präsidenten Ralph Tiesler folgt, der ebenfalls gehen muss, ist noch offen. Weil auch der Ende Juni auslaufende Vertrag von Rudolf Knorr nicht verlängert wird, der als Leiter des operativen Bereichs als rechte Hand von Cordt galt, ist klar, dass Seehofer die gesamte Spitze des Amtes austauscht.

Hans-Eckhard Sommer, 56, der wahrscheinlich künftige Bamf-Präsident, hat bisher im Hintergrund gearbeitet. Er gilt als Experte fürs Ausländer- und Asylrecht und leitete laut einem Sprecher des bayerischen Innenministeriums in den vergangenen acht Jahren das entsprechende Sachgebiet im Innenministerium in München; dabei war er fachlich verantwortlich für 100 Ausländerbehörden in Bayern. Vor wenigen Wochen wurde er dann damit beauftragt, das geplante bayerische Landesamt für Asyl mit Sitz in Manching bei Ingolstadt aufzubauen. Dort sollen bald 1000 Beschäftigte arbeiten und unter anderem Abschiebungen beschleunigen. Sommer hat behördenintern den Ruf, ein "harter Hund" zu sein: Er gilt als einer, der eine restriktive Migrationspolitik gutheißt und skeptisch auf die Asylsozialpolitik blickt: Diese könne einen "Zuwanderungsanreiz" bewirken, warnte Sommer 2014 bei einer Anhörung im Bayerischen Landtag. Auch trete er, so heißt es, dafür ein, Asylbewerber stärker als bisher auf terroristische Kontakte hin zu überprüfen.

Jenseits der Spitzenpersonalie ist noch nicht bekannt, wie Horst Seehofer das Bamf reformieren will, nur, dass diese Reform grundlegend sein solle: "Wir müssen dort einen Neuanfang machen", sagte Seehofer am Montag. Das Bundesamt steht im Zuge der Bremer Asyl-Affäre um mutmaßlich manipulierte Schutzentscheidungen zugunsten von Flüchtlingen im Zentrum der Debatte über die Qualität von Asylbescheiden.

Zweifel bestehen am tatsächlichen Ausmaß der Bremer Affäre

Am Ausmaß dieser Affäre hat die Linke nun neue Zweifel angemeldet. Denn die Schutzquoten für Jesiden in Bremen unterschieden sich kaum von denen in anderen Außenstellen des Amtes, wie der Innen-Staatssekretär Stefan Mayer (CSU) eine Frage der linken Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke beantwortet. Danach wurden in den Jahren 2013 bis 2017 in Bremen alle jesidischen Antragsteller aus Syrien als Flüchtlinge anerkannt, doch auch im Bund lagen die Schutzquoten für syrische Jesiden bei 99 Prozent und mehr. Auch bei Jesiden aus dem Irak fielen die Quoten meist nur geringfügig höher aus als im Bund. 2013, vor dem Vernichtungsfeldzug der Terrortruppe IS gegen diese Minderheit, war die Chance auf Schutz für Jesiden in Bremen sogar etwas geringer als anderswo im Bund. Zudem wurden Bremer Bamf-Entscheidungen deutlich weniger oft als im Bundesschnitt von Gerichten korrigiert. "Das Gerede vom Bremer Bamf-Skandal muss endlich aufhören. Die Asyldebatte ist hierdurch völlig verhetzt worden", kommentierte die Linke Jelpke die Zahlen.

© SZ vom 19.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: