Asylpolitik:1,6 Millionen Schutzsuchende

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Deutschunterricht gehört zu Integrationskursen. Mit kleinen Kindern ist das nicht so einfach, dann wird auch die Wohnungssuche schwerer. (Foto: Catherina Hess)

Jeder zehnte in Deutschland wohnende Ausländer ist ein Flüchtling.

Von Jan Bielicki, München

In Deutschland lebten Ende 2016 gut 1,6 Millionen Menschen, die um Schutz vor Krieg und Verfolgung ersucht hatten. Das waren zehn Prozent der hier wohnenden Ausländer und doppelt so viele wie noch zwei Jahre zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Allerdings sind es im laufenden Jahr auch nicht mehr Schutzsuchende geworden. So waren laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke (Linke) Ende Juni 2017 etwa 1,5 Millionen Schutzsuchende im Ausländerzentralregister aufgeführt.

Zum Jahreswechsel waren laut Statistischem Bundesamt mehr als die Hälfte der Schutzsuchenden als Flüchtlinge anerkannt, bei 573 000 war zum Jahreswechsel noch nicht über ihre Asylanträge entschieden und 158 000 lebten noch hier, obwohl ihre Anträge abgelehnt waren. Drei Viertel der Abgelehnten hatten eine Duldung, die ihre Pflicht zur Ausreise aussetzt. Obwohl das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seither noch einmal über mehr als eine halbe Million Asylanträge entschieden und 200 000 davon abgelehnt hat, ist die Zahl der Ausreisepflichtigen kaum gestiegen. Laut Antwort der Bundesregierung an Jelpke waren Ende September knapp 230 000 Ausländer - dazu gehören nicht nur abgelehnte Asylbewerber - ausreisepflichtig, etwa 22 000 mehr als zu Jahresbeginn. 163 000 von ihnen haben eine Duldung. Von den 337 000 Asylbewerbern, die seit Beginn des Massenzuzugs 2014 abgelehnt wurden, befanden sich demnach Ende September noch 93 000 im Land.

Die Zahlen des Ausländerzentralregisters gelten jedoch als fehleranfällig - und als tendenziell zu hoch. Ein Grund dafür ist, dass Behörden oft nicht oder erst sehr spät registrieren, wenn Ausländer das Land freiwillig verlassen. So waren Ende 2016 zwar 54 000 Personen vollziehbar ausreisepflichtig, wie die Zeitung Bild berichtete, doch nur knapp 24 000 von ihnen bezogen die Sozialleistungen, die ihnen zustehen. Warum die übrigen 30 000 das nicht tun, ist den Behörden nicht bekannt. Die Bundesregierung geht davon aus, dass einige von ihnen untergetaucht, die meisten jedoch ausgereist sind. Das Phänomen ist nicht neu: Schon 2014 wussten die Behörden von 28 000 registrierten Ausreisepflichtigen nicht, ob sie nicht bereits ausgereist waren, wie eine Anfrage Jelpkes damals ergeben hatte. Auch das Statistische Bundesamt traut den Zahlen des Ausländerzentralregisters nicht: Bei 392 000 dort geführten Ausländern lasse sich nicht feststellen, "ob es sich um Schutzsuchende handelt oder nicht".

© SZ vom 03.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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