Asylpolitik:Klartext erwünscht

Bayerisches Transitzentrum

Im Transitzentrum Manching – womöglich künftiges Ankerzentrum– fordern Bewohner bessere Bedingungen.

(Foto: Stefan Puchner/dpa)

Von Mittwoch an treffen sich die Innenminister der Länder in Quedlinburg - und haben etliche Fragen an Horst Seehofer: Wie sollen Ankerzentren für Flüchtlinge organisiert werden, und welche Regeln sollen gelten?

Von Constanze von Bullion, Berlin

Wenn sich von Mittwoch an die Innenminister der Länder in Quedlinburg treffen, könnte es auch mal ungemütlicher werden. Drei Tage lang soll vor malerischer Fachwerkkulisse über Kriminalität und Cybersicherheit debattiert werden, über das Musterpolizeigesetz und Gewalt gegen Polizisten. Vor allem aber dürfte es um die strittigen "Ankerzentren" für Flüchtlinge gehen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will im Herbst eine Pilotphase der geplanten Ankunfts- und Abschiebezentren starten. Die meisten Bundesländer aber winken bislang ab. Sie wollen die Zentren nicht oder später - oder anders als Seehofer.

"Ankerzentren für 1500 Personen halte ich für viel zu groß", sagte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) der Süddeutschen Zeitung. "Wenn wir dort zur Hälfte Männer ohne Bleibeperspektive unterbringen, schaffen wir eine Stimmung, gegen die Ellwangen vermutlich harmlos ist." Im baden-württembergischen Ellwangen hatten Asylbewerber kürzlich die Polizei an der Abschiebung eines Flüchtlings gehindert. Der Fall schlug Wellen. Etliche Landesregierungen befürchten nun, dass Seehofers geplante Asylzentren wie in Ellwangen zu Sammelstellen von Frust und Gewalt werden könnten.

Die Länder wollen, dass der Bund mehr Verantwortung übernimmt

Der Bundesinnenminister will neu ankommende Flüchtlinge künftig in zentralen Asylzentren unterbringen. Bis zu 1500 Menschen sollen dort wohnen. In den Zentren soll von der Identitätsfeststellung bis zur richterlichen Entscheidung das ganze Asylverfahren abgewickelt und so beschleunigt werden. Bis die Personalien festgestellt sind, müssen nach den Plänen alle Flüchtlinge in den Zentren bleiben. Auch die Altersfeststellung unbegleiteter Minderjähriger soll dort stattfinden. Wer in Deutschland bleiben kann, wird einer Kommune zugeteilt. Menschen ohne Bleibeperspektive müssen nach den Plänen der Koalition bis zu 18 Monate ohne Integrationsmaßnahmen in den Zentren bleiben, um von dort möglichst abgeschoben zu werden. Die CSU will zudem durchsetzen, dass sie in dieser Zeit kein Taschengeld, sondern nur Sachleistungen bekommen.

Der Teufel also steckt im Detail, weshalb die Innenminister der Länder von Seehofer in Quedlinburg nun Klartext hören wollen. "Wir brauchen endlich Antworten auf eine ganze Reihe von Fragen", sagte Niedersachses Innenminister Pistorius, der für die SPD-regierten Länder spricht. So verstehe er nicht, warum Seehofer die Asylzentren in Verantwortung der Länder lassen wolle wie bisher Erstaufnahmezentren für Asylbewerber. Die Länder wünschten sich mehr Verantwortung des Bundes. So könne Seehofer Abschiebungen beschleunigen, meint Pistorius: "Warum übernimmt er die Dublinverfahren einschließlich der Abschiebungen nicht selbst?"

Der Bundesinnenminister aber strebt für die geplanten Ankerzentren keine Gesetzesreform auf Bundesebene an, noch nicht. Seehofers Begründung: Monatelange Verhandlungen kosteten zu viel Zeit. Im Übrigen könne jedes Bundesland seine Ankerzentren ja so gestalten, wie es wolle, wenn es gegen Details Bedenken gebe. Nicht jeden in den Ländern aber freut diese Flexibilität. Holger Stahlknecht (CDU), Innenminister von Sachsen-Anhalt und Gastgeber in Quedlinburg, unterstützt Seehofers Pläne im Grundsatz. Allerdings wünscht er sich bei zentralen Fragen bundesweit einheitliche Regelungen. "Wir brauchen eine klare Regelung zur Altersfestellung bei Minderjährigen in Ankerzentren, zur Verweildauer und zur Zahl der Personen, die darin untergebracht werden können", sagte er der SZ.

In Sachsen-Anhalt müssen Flüchtlinge - wie in Hessen - spätestens sechs Monate nach ihrer Ankunft in der Erstaufnahme auf Kommunen verteilt werden, auch ohne Bleibeperspektive. Die CDU, die in Sachsen-Anhalt mit SPD und Grünen regiert, würde diese Frist gern verlängern, analog zu Seehofers Ankerzentren. Hier ist eine Maximalzeit von 18 Monaten vorgesehen. SPD und Grüne in Sachsen-Anhalt sind noch nicht überzeugt von Stahlknechts Vorstoß. Gäbe es bundesweite Regeln, könnten die Landesregierungen sich derlei Verhandlungen unter Koalitionspartnern sparen, so der CDU-Politiker.

Strittig ist aber auch noch die Rolle der Bundespolizei bei der Absicherung der Zentren. Seehofer will sie stärken, Pistorius nennt das "einfach absurd". Die Bundespolizei habe hierfür keinen Auftrag. Stahlknecht wiederum will keine Asylzentren, die bewacht werden müssen. "Ein Lager mit Wachmannschaften wird es mit uns nicht geben", sagte er.

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