Asylpolitik:Berliner Familienzoff

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Sollen enge Angehörige von subsidiär geschützten Flüchtlingen in die Bundesrepublik kommen dürfen? Union, SPD und Grüne streiten weiter darüber.

Schon bei den Sondierungen einer Jamaika-Koalition gehörte der Familiennachzug für Flüchtlinge zu den besonders hart umkämpften Themenfeldern. Nun kündigt sich eine Fortsetzung der Auseinandersetzung an, diesmal zwischen Union und SPD. "Ich hielte es für richtig, dass etwa in einem etwas fortgeschrittenen Verfahren der Gespräche mit der Sozialdemokratie auch über parlamentarische Initiativen rund um das Thema Familiennachzug gesprochen werden sollte", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière am Mittwoch in Berlin. "Ich hätte da auch einen Vorschlag", fügte er hinzu.

Union und SPD hatten auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise den Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz für zwei Jahre bis März 2018 ausgesetzt. Die Union pocht nun darauf, diese Reglung weiter zu verlängern. Der künftige bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte am Mittwoch erneut eine harte Linie der Union, auch in möglichen Koalitionsverhandlungen mit der SPD. "Natürlich müssen die Rechtsgrundlagen in Berlin verändert werden", sagte er den Nürnberger Nachrichten. "Dazu gehören eine Begrenzung der Zuwanderung, eine weitere Aussetzung des Familiennachzugs und konsequente Abschiebungen." Dass die SPD den Familiennachzug für Flüchtlinge fordere, sei ein Rückschritt, so Söder, "sogar die Grünen haben unsere Position bei den Jamaika-Gesprächen akzeptiert."

Die Grünen-Politikerin und Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth reagierte am Mittwoch scharf auf Söders Bemerkung. "Es ist schon bemerkenswert, wenn nun ausgerechnet Herr Söder, der in den Jamaika-Sondierungen nicht einmal zugegen war, ihm opportun erscheinende Falschinformationen über angebliche grüne Zugeständnisse verbreitet", erklärte sie. Zu keinem Zeitpunkt hätten die Grünen die Position der CSU zum Familiennachzug "akzeptiert, geteilt oder ihr gar zugestimmt". Es sei immer klar gewesen, dass ihre Partei einer Verlängerung der Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Geschützte über den März 2018 nicht zustimme, so Roth. Sie fordere Söder und die CSU auf, nicht "mit Schmutzeleien Wahlkampf zu betreiben oder durch Geschichtsklitterung in anstehenden Verhandlungen mit der SPD falsch zu spielen."Auch SPD-Vize Ralf Stegner wies Söders Vorstoß zurück: "Wenn man denn mit der Sozialdemokratie verhandelt, sollte man nicht davon ausgehen, dass so was Bestand haben kann."

Nach dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung könnten etwa 50 000 bis 60 000 Angehörige von Flüchtlingen nach Deutschland kommen, wenn der Familiennachzug für subsidiär Geschützte wieder erlaubt wäre. Das Bundesinnenministerium ging zunächst von weit höheren Zahlen aus. Belastbare Berechnungen gibt es nicht.

© SZ vom 07.12.2017 / SZ, Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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