Arye Deri:Einst Häftling, jetzt Innenminister

Arye Deri: Seine Gegner in der Schas-Partei hat er schnell weggeboxt: Israels neuer Innenminister Arye Deri.

Seine Gegner in der Schas-Partei hat er schnell weggeboxt: Israels neuer Innenminister Arye Deri.

(Foto: Abir Sultan/dpa)
  • Der umstrittene Politiker Arye Deri von der ultraorthodoxen Schas-Partei wird neuer Innenminister Israels.
  • Er saß bereits eine dreijährige Haftstrafe wegen Korruption ab, das politische Comeback schaffte er trotzdem immer wieder.
  • Die Opposition wendet sich nun aus Protest ans Oberste Gericht - mit geringen Chancen.

Porträt von Peter Münch, Tel Aviv

Das Innenministerium ist vakant, und Arye Deri auf der Suche nach einem relevanten Posten im Kabinett - nach der israelischen Arithmetik der Macht ist es also nur logisch, dass der Chef der ultraorthodoxen Schas-Partei nun zum Minister des Inneren befördert wird. Überdies hat er auch noch Erfahrung in diesem Amt, er bekleidete es schon einmal in den Jahren 1988 bis 1993.

Dem inneren Frieden im Land wird die Ernennung dennoch kaum dienen, denn es gibt Proteste gegen Deris Rückkehr ins eigene politische Wurzelwerk. Damals nämlich hatte er bewiesen, dass Gottesfurcht und Raffgier kein Widerspruch sein müssen und war wegen Korruption zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Zum Comeback aber hat es bei ihm stets gereicht.

Sein Einzug ins Gefängnis wurde als Triumphzug inszeniert

Kein Wunder, denn der 1959 in Marokko geborene Deri gehört zu den schillerndsten Politikern Israels. Ein Machtmensch und Macher, ausgestattet mit Charisma und Chuzpe. Anfang der Achtzigerjahre hatte er als junger Überflieger zu den Gründern der Schas-Partei gehört, die sich nicht nur als sittenstrenger "Wächter der Thora" versteht, sondern auch als Klientelpartei der oft unterprivilegierten orientalischen Juden. Deri bediente deren Bedürfnisse, und dass er sich auch selbst bediente, haben ihm seine Anhänger nie krumm genommen.

Sein Einzug ins Gefängnis im Jahr 2000 wurde als Triumphzug inszeniert, 10 000 Menschen begleiteten ihn zum Haftantritt, und an der Pforte erteilte ihm Rabbi Ovadia Josef, der spirituelle Schas-Führer, noch einen letzten Segen.

22 Monate hat er abgesessen, anschließend blieb er sieben lange Jahre gesperrt für alle politischen Ämter. Doch kaum war die Sperre vorbei, spielte Deri schon wieder ganz oben mit. Die Schas-Partei nahm ihn mit offenen Armen wieder auf, nachdem er nur ganz kurz hatte drohen müssen, andernfalls eine eigene Partei zu gründen. Ein paar gab es zwar, deren Arme nicht so offen waren, aber die hat Deri schnell aus dem Ring geboxt.

Bürgerrechtler reagieren mit Abscheu auf die Rehabilitierung

Bei der erstmöglichen Wahl 2013 zog er wieder unter allgemeinem Schulterklopfen in die Knesset ein, bei der nächsten Wahl im Frühjahr 2015 führte er seine Schas-Partei aus der Opposition heraus in die Regierung. Ihre sieben Sitze sind Gold wert in der nur mit einer Stimme Mehrheit regierenden rechts-religiösen Koalition.

Bei der ersten Verteilung der Ministerposten konnte Premier Benjamin Netanjahu Deris offene Ambition aufs altvertraute Innenministerium gerade noch ausbremsen. Der Trostpreis war das Wirtschaftsministerium, doch hier hielt es ihn nicht lange. Nach wenigen Monaten räumte er den Posten, weil er nicht die Verantwortung übernehmen wollte für ein Abkommen zur Ausbeutung der Gasvorräte, vor dem der Kartellamtschef gewarnt hatte.

Die Opposition hat reichlich Stoff für Abscheu-Erklärungen

Im Kabinett blieb er fortan als Minister für die Peripherie auf Warteposten. Die neue Chance kam schnell, irgendeiner stolpert immer: Nachdem Innenminister Silvan Schalom wegen Vorwürfen der sexuellen Belästigung sein Amt hatte niederlegen müssen, berief das Kabinett nun Deri einstimmig zu dessen Nachfolger.

Der Opposition verschafft dieser ungewöhnliche Akt der Rehabilitierung reichlich Stoff für Abscheu-Erklärungen, und eine Bürgerrechtsgruppe wandte sich ans Oberste Gericht mit der Petition, diese Beförderung aus ethischen Gründen zu unterbinden. Schließlich habe Deri nie Reue gezeigt wegen der ihm zur Last gelegten Korruption. Die Chancen werden jedoch als gering eingeschätzt, weil der Generalstaatsanwalt vorige Woche Zustimmung signalisiert hat. Zwar könne die Ernennung eine "problematische Botschaft" aussenden und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Regierung schädigen, es gebe jedoch "keine rechtlichen Einschränkungen".

Nun muss das Parlament noch zustimmen, doch auch das gilt eher als Formsache, weil eine Ablehnung wohl das Ende der Koalition bedeuten würde. Regierungschef Netanjahu gratulierte Deri bereits und legte ihm ein vordringliches Projekt ans Herz: illegale Einwanderer abhalten und abschieben. Es gibt viel zu tun für den neuen Innenminister.

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