Arbeitsrecht:Buhrufe vom Staat

Arbeitsrecht: Rebecca Molinari, 40, fühlt sich diskriminiert. Die Arbeitsagentur wollte die Absolventin einer privaten Berliner Schauspielschule nicht in ihre Kartei aufnehmen.

Rebecca Molinari, 40, fühlt sich diskriminiert. Die Arbeitsagentur wollte die Absolventin einer privaten Berliner Schauspielschule nicht in ihre Kartei aufnehmen.

(Foto: Privat)

Eine Schauspielerin verklagt die Arbeitsagentur: Die Absolventin einer privaten Schauspielschule fühlt sich gegenüber staatlichen Absolventen bei der Arbeitssuche stark benachteiligt.

Von Veronika Wulf

Wenn Kunst auf Verwaltung trifft, kommt es mitunter zu Meinungsverschiedenheiten. So auch bei der Schauspielerin Rebecca Molinari und der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit. Diese weigerte sich nämlich, Molinari in ihre Schauspielervermittlung aufzunehmen - und zwar, weil sie die fachlichen Voraussetzungen dafür angeblich nicht erfülle. Im Gegenzug wirft Molinari der ZAV vor, die Absolventen privater Schauspielschulen pauschal zu benachteiligen. Am Donnerstag entscheidet das Bundessozialgericht über den Fall.

Vor sieben Jahren, nach ihrem Abschluss an der privaten Filmschauspielschule Berlin, bewarb sich Molinari um Aufnahme in die Fachvermittlung der ZAV, die Schauspieler mit Theatern zusammenbringt. Sie sprach vor einer dreiköpfigen Jury vor, drei fünfminütige Passagen aus Theaterstücken. Danach die Enttäuschung: Man könne sie nicht aufnehmen, sagten die Prüfer. Außerdem habe die Jury sie gefragt, so erzählt es Molinari später, ob sie sich das gut überlegt habe, in diesem Alter noch eine Schauspielkarriere zu beginnen. Sie war damals 33. In einem Vermerk der ZAV zu dem Vorsprechen steht Vernichtendes: "ohne jeden Charme", "spricht ganz gut, hat aber wenig Ausstrahlung" , "wirkt ältlich". Man habe ihr stattdessen vorgeschlagen, sie als Verkäuferin in den Pool aller Arbeitssuchenden aufzunehmen, sagt Molinari - weil sie einmal für kurze Zeit im Verkauf gearbeitet hatte. "Dabei habe ich das nicht mal gelernt." Molinari sah in der Ablehnung nicht nur eine Diskriminierung wegen ihres Alters, sondern auch eine Benachteiligung aller Absolventen privater Schulen.

Tatsächlich müssen Absolventen privater Schulen stets bei der ZAV vorsprechen und können abgelehnt werden, während die Studenten an staatlichen Schauspielschulen bereits vor ihrem Abschluss von den Vermittlern besucht und in einen Katalog mit Steckbriefen aufgenommen werden, der dann den Theatern zugeschickt wird. Damit sind die staatlichen Schüler automatisch in der ZAV. Ob jemals einer abgelehnt wurde? Das könne sie sich nicht vorstellen, sagt eine Sprecherin der ZAV. Von den 154 privaten Absolventen dagegen, die wie Molinari im Jahr 2010 vorsprachen, wurden nur 93 genommen. Für eine Aufnahme sei die "Qualität" des Schauspiels ausschlaggebend, sagt die Sprecherin. Norbert Ghafouri, Leiter der Filmschauspielschule Berlin und Vorsitzender des Verbands deutschsprachiger privater Schauspielschulen, kann Molinaris Ablehnung nicht nachvollziehen. "Ich fand die sehr gut", sagt er über seine ehemalige Schülerin. Die Unterscheidung zwischen guten und schlechten Schauspielern an der Art der besuchten Schule festzumachen, sei "absurd": "Die ZAV ist eine staatliche Einrichtung und sollte allen zur Verfügung stehen, die eine Ausbildung haben - ob diese staatlich ist oder nicht." Als Anfänger brauche man jede Unterstützung, um vorgeschlagen oder überhaupt über Vakanzen informiert zu werden. Die Arbeit der ZAV hilft in der Tat: Nach eigenen Angaben vermittelt die ZAV drei Viertel der Schauspieler in den ersten sechs Monaten nach der Aufnahme in die Kartei in ein Engagement.

In erster und zweiter Instanz scheiterte Molinaris Klage. Die Entscheidung, wer aufgenommen wird, liege im Ermessen der ZAV, entschieden die Richter. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg stellte jedoch nicht infrage, dass die Ausbildung an der Filmschauspielschule Berlin einer staatlichen mindestens gleichwertig sei. Das gibt Molinaris Anwalt Christian Zimmer Hoffnung, denn: "Das ist auch für das Revisionsverfahren bindend."

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