Arabische Länder:Solidarität für Schuhwerfer

Seit seiner Schuh-Attacke auf US-Präsident Bush sitzt der irakische Journalist Montasser al-Saidi im Gefängnis. Arabische Demonstranten in vielen Ländern fordern seine Freilassung.

Durch die arabische Welt rollt eine Welle der Solidarität mit dem Schuhwerfer von Bagdad. Von Mauretanien bis Syrien riefen Menschenrechtler, Politiker und Journalisten zur Freilassung des Journalisten Montasser al-Saidi auf.

Arabische Länder: Für "Schuhe, die in die Geschichte eingehen werden": Demonstranten in Mossul.

Für "Schuhe, die in die Geschichte eingehen werden": Demonstranten in Mossul.

(Foto: Foto: Reuters)

Der 28-jährige Reporter des irakischen TV-Senders Al-Bagdadija war am Sonntag festgenommen worden, nachdem er bei einer Pressekonferenz seine Schuhe auf US-Präsident George W. Bush geworfen hatte. "Das ist dein Abschiedskuss, du Hund", hatte Al-Saidi dabei gerufen.

In Bagdads Amarija-Viertel demonstrierten Hunderte von Schülern und Lehrern für ihn. Sie riefen: "Dieser mutige Mann hat es nicht verdient, festgenommen und gefoltert zu werden." In der Stadt Bakuba nordöstlich von Bagdad gingen Stammesscheichs, Professoren und Schüler für Al-Saidi auf die Straße.

Mehrere ägyptische Zeitungen werteten die Aktion als "historische Geste". "Das ist ein Schuh, der in die Geschichte eingehen wird", schrieb die Tageszeitung Al-Wafd. Das Blatt Al-Badil nannte den Schuhwurf einen "angemessenen Schlussakkord für einen internationalen Tyrannen".

Der libanesische Fernsehsender NTV bot Al-Saidi in seiner Nachrichtensendung eine Stelle an. Er solle von dem Moment an bezahlt werden, in dem er den Schuh warf, sagte die Nachrichtenchefin Fadja Bassi. Zudem sei NTV bereit, die Kaution für Al-Saidis Freilassung und seine Anwaltskosten zu übernehmen. Der Sender ist für seine anti-amerikanische Ausrichtung bekannt.

Al-Saidis Familie erklärte unterdessen, sie befürchte, dass er in der Haft misshandelt werde. Ein Bruder des Journalisten sagte in einem Interview mit Al-Bagdadija, er habe gehört, sein Bruder sei mit einem Pistolenknauf ins Gesicht geschlagen worden. "Wir wollen, dass er im Fernsehen gezeigt wird, damit wir sicher sein können, dass er gesund ist", sagte Odai al-Saidi. Er wisse auch nicht, wo sein Bruder festgehalten werde.

Zu den wenigen Kommentatoren, die den Schuhwerfer kritisieren, gehörte am Dienstag Tarik al-Homaid von der überregionalen arabischen Tageszeitung Al-Sharq al-Awsat. Er schrieb, als normaler Bürger seines Landes hätte Al-Saidi das Recht gehabt, seine Schuhe auf Bush zu werfen. Da er aber als Journalist zu der Pressekonferenz gegangen sei, habe er durch seine Attacke den Ruf der Journalisten beschädigt.

Anschläge fordern Todesopfer

Unterdessen kam es im Irak erneut zu mehreren Anschlägen. Neben dem Konvoi des Ministers für Wissenschaft und Technologie, Raed Fahmi sei im Stadtteil Karrade eine Autobombe detoniert, hieß es aus gut informierten Kreisen. Der kommunistische Politiker überlebte das Attentat. In einer Kleinstadt nördlich von Bagdad töteten Extremisten neun Menschen. Ein Selbstmordattentäter riss mit einer Autobombe in Al-Saadija vier irakische Soldaten und zwei Zivilisten mit in den Tod. Der Kommandeur einer lokalen Bürgerwehr wurde erschossen, als er nach dem Gebet am Morgen eine Moschee verließ. Ein Sprengsatz, der einer Patrouille der Polizei in Al-Saadija galt, tötete nach Informationen der Nachrichtenagentur Aswat al-Irak einen Polizisten und einen Zivilisten.

Die US-Armee meldete derweil, sie habe am Montag die letzten zehn Frauen aus ihren Militärgefängnissen im Irak an die irakischen Behörden übergeben. Die Frauen seien in eine Haftanstalt in Bagdad gebracht worden. Im kommenden Jahr sollen die Iraker sukzessive die Verantwortung für alle Gefangenen der Amerikaner übernehmen. Das US-Militärkommando in Bagdad berichtete, am Montag hätten amerikanische Soldaten bei Anti-Terror-Razzien im Nordirak drei Verdächtige getötet.

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