Arabische Beobachter in Syrien:Damaskus lässt angeblich Hunderte Gefangene frei

Führt Syrien die arabischen Beobachter in die Irre? Der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch zufolge hat das Assad-Regime Hunderte politische Gefangene vor den ausländischen Kontrolleuren versteckt. In Homs weigern sich die Aufständischen, mit den Beobachtern zusammentreffen, weil diese in Begleitung von syrischen Militärangehörigen sind.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wirft dem syrischen Regime vor, die vor kurzem eingereisten Beobachter der Arabischen Liga zu täuschen. Nach Angaben der Organisation soll die Regierung politische Gefangene zu Hunderten aus Haftanstalten in militärische Einrichtungen gebracht haben, zu denen die Experten der Beobachtermission keinen Zugang hätten.

Ein syrischer Sicherheitsoffizier schätzte die Zahl der umquartierten Gefangenen laut Human Rights Watch auf mindestens 400 bis 600. Lange hatte sich das syrische Regime gegen die Beobachtermission gesträubt. Kurz nach der Zustimmung habe der Offizier die Anordnung zu einem Transfer der "wichtigen Gefangenen" erhalten. Ein Gefangener berichtete der Organisation, es seien keine einfachen Kriminellen weggebracht worden, "sondern Menschen, die mit Journalisten zusammengearbeitet haben, Überläufer oder solche, die bei den Protesten mitgemacht haben".

Staatsfernsehen berichtet von Freilassungen

Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass die Aufständischen in Homs sich weigerten, mit den Beobachtern der Arabischen Liga zusammenzutreffen, da diese von syrischen Militärangehörigen begleitet würden.

Einem Bericht der Staatsfernsehens zufolge ließen die Behörden am Mittwoch 755 Häftlinge frei, die in die Proteste gegen Staatschef Baschar el Assad "verwickelt" gewesen sein sollen. Die Freigelassenen hätten "kein Blut an den Händen", hieß es in dem Bericht. Die Freilassung politischer Gefangener ist einer der Schlüsselpunkte im Friedensplan der Arabischen Liga.

Die Beobachter der Arabischen Liga gaben sich zunächst optimistisch. Der Chef der Beobachter in Syrien, Mustafa al-Dabi, äußerte sich in der panarabischen Zeitung Al-Hayat "zuversichtlich", dass die Mission ein gutes Stück vorankommen werde.

Die französische Regierung monierte jedoch, die Beobachter hätten in der Protesthochburg Homs nicht genug Zeit für eine Überprüfung der Lage gehabt. Ein Sprecher des Außenministeriums in Paris sagte, die Beobachter sollten "ohne Verzögerung" in die Stadt zurückkehren und sich dort frei bewegen können. Er hob hervor, dass die Anwesenheit der Beobachter "die Fortsetzung der blutigen Unterdrückung" nicht verhindert habe.

Bis Ende Januar sollen 150 Experten der Arabischen Liga in Syrien den Abzug der Armee aus den Städten überwachen. Ehrgeiziges Ziel der Mission ist es, durch Vermittlung das Blutvergießen zu beenden, das während des Arabischen Frühlings seinen Anfang nahm. Al-Dabi sagte, die syrischen Behörden seien bisher kooperativ gewesen.

USA drohen mit weiteren Schritten

Die USA drohten derweil mit "weiteren Schritten", sollte Syrien der Mission die Zusammenarbeit verweigern. Welche Maßnahmen das genau sind, teilte das US-Außenministerium am Dienstag aber nicht mit. "Wenn das syrische Regime weiter die Anstrengungen der Arabischen Liga missachtet und sich widerspenstig zeigt, wird die Weltgemeinschaft andere Mittel in Erwägung ziehen, um syrische Zivilisten zu schützen", hieß es aus Washington.

Mehr als 5000 Menschen kamen nach Schätzungen der Vereinten Nationen beim Aufstand gegen Assad in den vergangenen Monaten ums Leben. Seit Monaten fordert die syrische Opposition die Einrichtung einer Schutzzone an der Grenze zur Türkei. Entsprechende Initiativen im Weltsicherheitsrat werden bislang aber vor allem von den Vetomächten Russland und China gebremst.

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