Streamingdienst:Apple betreibt kulturellen Kolonialismus

Apple inszeniert sich als Freund der Popkultur. Tatsächlich sind die Künstler dem Konzern egal. Was zählt, ist der Profit.

Kommentar von Andrian Kreye

Der Kuschelkurs der Firma Apple mit der Popkultur ist verlogener Schwachsinn. Am Freitag hat der Konzern seine Kundschaft eingeladen, den neuen Dienst Apple Music auszuprobieren, mit dem man Millionen Songs "streamen", also für kleines Geld auf fast jedem Gerät abspielen kann. "Alle Arten, wie du Musik liebst, an einem Platz", hieß es in der Mail. "Wir wollen einen neuen Weg teilen, Musik anzuhören."

Apple heuchelt Leidenschaft für Musik

Apple hat sich schon immer darauf verstanden, sich als Teil der Popkultur zu inszenieren. Selbst Betriebsversammlungen wirken wie Popkonzerte. Doch die Rockerposen und das Hippie-Gesäusel vom Teilen und von der großen Gemeinschaft täuschen darüber hinweg, dass Apple vor allem der Star der Börsen ist. Wenn digitale Konzerne so tun, als sei Musik etwas Heiliges, das in einem Kokon aus Liebe, Leidenschaft und Künstlertum für alle entsteht, ist das strategische Heuchelei. Denn "Alle Arten an einem Platz" ist ein Monopolanspruch. Niemand verdient an der Kultur des Teilens, ohne selbst zu teilen, so gut wie Digitalkonzerne.

Für Steve Jobs war Musik nur digitaler Rohstoff

Deshalb bekommen Künstler immer weniger. Bei Apple Music werden Musiker zwar ein paar Prozent mehr verdienen als bei der Konkurrenz. Das ist aber nur ein bisschen mehr als nichts. Steve Jobs ging es auch nie um Musik. Für ihn war Kultur immer nur digitaler Rohstoff. Eine Haltung, die vor allem eines ausdrückt: kulturellen Kolonialismus.

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