Anti-Terrorismus-Konferenz in Teheran:Iran schwingt sich zum Terror-Bekämpfer auf

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Zweifelhaftes Bündnis: Iran, Afghanistan und Pakistan vereinbaren bei einer Konferenz in Teheran, gemeinsam den Terror in der islamischen Welt zu bekämpfen - und zwar ohne Einmischung der USA. Irans Präsidenten Ahmadinedschad nutzt die Veranstaltung aber vor allem zur innenpolitischen Machtdemonstration.

Rudolph Chimelli

Der zerbeulte Peugeot, in dem der iranische Atomwissenschaftler Massud Ali Mohammadi im Januar vergangenen Jahres durch einen Bombenanschlag getötet worden war, demonstrierte den Teilnehmern schon bei der Anfahrt die Thematik der zweitägigen Anti-Terrorismus-Konferenz in Teheran. Der afghanische Präsident Hamid Karsai und sein pakistanischer Kollege Asif Ali Zardari, mit denen Irans Staatschef Mahmud Ahmadinedschad zu Beginn ein gesondertes Dreiertreffen hielt, waren am Wochenende die wichtigsten Gäste bei der Konferenz mit Delegierten aus 60 Ländern.

Irans Staatschef Mahmud Ahmadinedschad (Mitte) bei seiner Rede bei der Anti-Terrorismus-Konferenz in Teheran - links von ihm sitzt Pakistans Präsident Asif Ali Zardari. (Foto: REUTERS)

Iran, Afghanistan und Pakistan vereinbarten laut der Nachrichtenagentur AFP, gemeinsam den Terror in der islamischen Welt zu bekämpfen - und zwar ohne Einmischung der USA. Mit dem Präsidenten Iraks, Dschalal Talabani, wurde ein Protokoll unterzeichnet, das die Räumung des Lagers Aschraf nahe Bagdad vorsieht, in dem mehr als 3000 oppositionelle iranische Volks-Mudschaheddin interniert sind.

Libanons Außenminister Adnan Mansur sprach sich mit Ahmadinedschad für die Stärkung der bilateralen Beziehungen aus und erklärte, Israel sei der Hort des Terrors und der Unsicherheit im Nahen Osten. Auch Sudans Präsident Omar Baschir, der unter internationaler Anklage wegen Kriegsverbrechen steht, hatte einen kurzen Auftritt.

Irans geistlicher Führer Ali Chamenei verurteilte die amerikanischen Drohnen-Angriffe in Afghanistan und Pakistan, die "aus Hochzeiten wiederholt Trauerfeiern" gemacht hätten. Dies seien terroristische Handlungen, welche die USA gleichzeitig anderen "heuchlerisch" vorhielten. Trotz des angekündigten Abzugs von 33.000 Mann durch US-Präsident Barack Obama bezweifelte Chamenei, dass die Amerikaner Afghanistan wirklich verlassen wollten. "So lange dort amerikanische Truppen stehen, wird es keine wirkliche Sicherheit geben", sagte er.

Teheran nutzte mit der Konferenz die Stunde, denn sowohl Karsai als auch Zardari haben in jüngster Zeit kritische Distanz zu Washington erkennen lassen. Der Pakistaner beklagte auf der Konferenz, dass der Terrorismus sein Land 35.000 Menschenleben und 67 Milliarden Dollar für Sachschäden gekostet habe. Ahmadinedschad behauptete in seiner Rede, wie zuvor schon der Holocaust würden die Anschläge vom 11. September als Vorwand genutzt, um die Region mit Krieg zu überziehen und Länder zu besetzen. Würde einmal der "schwarze Kasten" dieser Komplexe geöffnet, was die USA nie zuließen, kämen unangenehme Wahrheiten ans Licht.

Für Irans Präsidenten war die Veranstaltung nicht zuletzt eine innenpolitische Machtdemonstration. Er steht derzeit unter schwerem Beschuss durch seine konservativen Gegner, die in den vergangenen Tagen mehrere seiner Vertrauten verhaften ließen. Als erster kam nur wenige Tage nach seiner Ernennung Vize-Außenminister Mohammed Scharif Maleksadeh zu Fall. Der einflussreiche Abgeordnete Ahmad Tawakoli hatte Maleksadeh einen "Schützling ungläubiger Kapitalisten" genannt, über den es hundert Seiten Gerichtsakten gebe. So habe er seinem Sohn mit Geld aus ungeklärten Quellen eine Uhr für 45.000 Dollar und einen Mercedes für 160.000 Dollar gekauft.

Als nächster wurde der Chef der Arwand-Freihandelszone, Ali Resa Moghimi, verhaftet. Über die Zone im Nordwesten Irans wird ein erheblicher Teil des Handels mit Aserbaidschan, dem Kaukasus, der Türkei und Europa abgewickelt. Auch hier dürfte es um Korruption gehen. Als letzter kam am Samstag der stellvertretende Industrieminister Afschain Roghani in Haft. Allen ist gemeinsam, dass sie Schützlinge von Ahmadinedschads Vertrautem Esfandiar Rahim Maschaei sind, dem die Konservativen ketzerische Abweichungen vom Islam vorwerfen. Letztlich zielen die Anschuldigungen jedoch auf den Präsidenten.

© SZ vom 27.06.2011/aho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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