Anti-Diskriminierungsgesetz:Mietvertrag nach Hautfarbe

Die EU fordert Gesetze gegen Diskriminierung wegen Rasse, ethnischer Herkunft und Geschlecht. Deutschland soll noch weiter gehen, wenn es nach den Grünen geht. Die Gegner wollen das Gesetz vorher enorm zurechtstutzen.

Von Nina Bovensiepen

Es gibt da zum Beispiel den Fall von Frau B., die sich mit dem Makler K. schon fast über einen Mietvertrag einig war - bis dieser sie nach der Hautfarbe ihres Mitbewohners fragte. Als B. sagte, dieser sei Afrikaner, brach K. das Gespräch ab. B. solle aber nicht böse sein. "Es ist eine Auflage des Vermieters, dass Hunde und Katzen auch nicht genommen werden", erklärte K.

Anti-Diskriminierungsgesetz: Schwarze werden auch in Deutschland zum Teil immer noch diskriminiert

Schwarze werden auch in Deutschland zum Teil immer noch diskriminiert

(Foto: Foto: Photodisc)

Oder der Fall von Manuela D., die an ihrem neuen Job als Pressesprecherin nur kurz Freude hatte. Denn nachdem D. sich geweigert hatte, mit ihrem Vorgesetzten ins Bett zu gehen, wurde sie solange gemobbt, bis sie entnervt kündigte.

Die Beispiele haben Befürworter des so genannten Antidiskriminierungsgesetzes gesammelt. Sie werden sie auch am heutigen Montag ins Feld führen, wenn es im Bundestag eine Expertenanhörung zu dem Thema gibt.

Bei dem Termin dürfte es turbulent zugehen, denn an dem Gesetz mit dem sperrigen Namen gibt es nicht nur von Opposition und Arbeitgebern heftige Kritik. Auch innerhalb von Rot-Grün ist es umstritten. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement, Innenminister Otto Schily und Finanzminister Hans Eichel (alle SPD) sind skeptisch. Prominente Grüne wollen es dagegen in der jetzigen Form durchsetzen.

Das europäische Maß

Unstrittig ist, dass es bald ein Antidiskriminierungsgesetz geben wird. Das ist EU-Vorgabe, ihr muss Deutschland folgen. Der Gesetzentwurf setzt vier Richtlinien in nationales Recht um, mit denen Europas Bürger vor Benachteiligung beim Abschluss von arbeits- und zivilrechtlichen Verträgen geschützt werden sollen.

Dabei gingen die Deutschen aber weit über die Forderungen der EU hinaus, monieren die Kritiker. Sie würden das Gesetz gerne auf europäisches Maß zurechtstutzen.

Tatsächlich beschränkt sich der Entwurf nicht auf die Diskriminierung wegen Rasse, ethnischer Herkunft und Geschlecht, wie die EU es fordert. Auf Druck der Grünen sollen auch Benachteiligungen wegen Alter, sexueller Identität, Religion, Weltanschauung oder Behinderung geahndet werden.

Dies sei konsequent, weil es keine mehr oder weniger schlimmen Diskriminierungen gebe, sagt die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer.

Zum Beispiel die Versicherungswirtschaft hat hiermit aber ein Problem. Sie argumentiert, der Begriff Behinderung sei in dem Gesetz so weit gefasst, dass darunter auch Krankheiten fielen. Im Sinne der Gleichbehandlung dürften Versicherungen künftig etwa von Krebs- oder Diabetes-Patienten keine Risikoprämien mehr verlangen.

Produktion von Ungerechtigkeit

Wenn Versicherer Risiken aber nicht einzeln berechnen dürften, würden sie die Kosten auf alle verteilen. Was zu mehr Gerechtigkeit führen solle, werde auf diese Weise Ungerechtigkeit produzieren, heißt es beim Versicherungsverband.

Weiter sieht der deutsche Gesetzentwurf im Gegensatz zu den EU-Richtlinien eine Haftung des Arbeitgebers für Dritte vor. Dies könnte zum Beispiel zu der absurden Situation führen, dass ein Supermarktbesitzer einer Angestellten Schadensersatz zahlen muss, wenn ein Kunde diese beleidigt hat, kritisiert Arbeitgeberchef Dieter Hundt.

Ihm stößt zudem auf, dass die Rechte von so genannten Antidiskriminierungsverbänden über das von der EU verlangte Maß hinaus gestärkt werden sollen. So könnte zum Beispiel ein Betriebsrat oder eine Gewerkschaft Prozesse für diskriminierte Beschäftigte führen.

Die Arbeitgeber fürchten eine Klagewelle. Die Gewerkschaften begrüßen dagegen den besseren Rechtsschutz - und freuen sich über mehr Einfluss.

Wie das Ringen zwischen Gegnern und Befürwortern des vorliegenden Gesetzentwurfes ausgeht, ist derzeit offen. Sicher ist indes, dass es noch reichlich Gesprächsbedarf gibt: Zu der Anhörung an diesem Montag sind 20 Experten und 40 Verbandsvertreter eingeladen. Der angesetzte Termin soll den ganzen Tag dauern.

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