Antalya:Festgenommene Deutsche in der Türkei: Anonymer Tippgeber informierte Behörden

Turkey's Tourism Industry Shows Signs of Recovery

Badeort Antalya: Bei der Einreise am Flughafen waren am Donnerstag zwei Deutsche festgenommen worden.

(Foto: Chris McGrath/Getty Images)
  • Nachdem Ende vergangener Woche ein deutsches Ehepaar im türkischen Badeort Antalya festgenommen worden war, ist die Frau inzwischen wieder nach Deutschland zurückgekehrt.
  • Auslöser für die Festnahme war offenbar ein anonymer Tippgeber, der behauptet, der Ehemann sei Anhänger der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen.
  • Die Inhaftierung des Ehepaars hatten die Spannungen zwischen der türkischen und der deutschen Regierung weiter verschärft.

Von Lena Kampf und Andreas Spinrath

Die am Donnerstag in der Türkei festgenommene Deutsche ist wieder in Deutschland eingetroffen. Die Frau aus Rheinland-Pfalz war gemeinsam mit ihrem Ehemann am Flughafen des Badeortes Antalya verhaftet worden. Offenbar war der Auslöser eine anonyme Mail an die türkischen Behörden. Darin behauptet ein nicht bekannter Tippgeber, dass der Ehemann seit vielen Jahren Anhänger der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen sei. Auch der genaue Zeitpunkt der Einreise soll in der Mail angekündigt worden sein. Das ergeben Recherchen von Süddeutscher Zeitung, WDR und NDR.

Bei den beiden Deutschen handelt es sich um ein Ehepaar mit türkischen Wurzeln. Sie besitzen nach eigenen Angaben jedoch nur die deutsche Staatsangehörigkeit. Damit widersprechen sie dem türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu - dieser hatte am Samstag in einer polemischen Rede erklärt, dass der Mann auch türkischer Staatsbürger sei. Er sitzt derzeit immer noch in Haft.

Offenbar traf die Verhaftung das Paar völlig überraschend. Sie waren in diesem Jahr schon mehrfach ohne Probleme in die Türkei gereist, zuletzt vor wenigen Wochen.

Ihre Freilassung, die das Auswärtige Amt am Montagmorgen mit Verweis auf den Anwalt verkündete, geschah "ohne Auflagen". So soll der ermittelnde Staatsanwalt die Vorwürfe gegen die Frau am Sonntag fallengelassen haben. Zudem erhielt sie auch kein Ausreiseverbot.

So konnte sie nun bereits am Montagabend nach Deutschland zurückkehren. Das ist ungewöhnlich. In vergleichbaren Fällen hat die türkische Justiz auch aus dem Polizeigewahrsam entlassenen Deutschen nicht gestattet, das Land zu verlassen. So sollen 25 Deutsche derzeit mit einem Ausreiseverbot belegt sein und sich zwangsweise weiter im Land aufhalten.

Die Inhaftierung des Ehepaars hatten die Spannungen zwischen der türkischen und der deutschen Regierung weiter verschärft. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erwog eine schärfere Politik gegenüber Ankara und bekräftigte ihre Ankündigung, Verhandlungen über eine Ausweitung der Zollunion zwischen der Europäischen Union und der Türkei zu blockieren.

"Sie bauen eine Berliner Mauer mit den Steinen des Populismus"

Beim TV-Duell mit Merkel kündigte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz an, im Falle seiner Wahl die EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei beenden zu wollen. Merkel will darüber Gespräche mit den anderen EU-Mitgliedern führen.

Ein Sprecher Erdogans bezichtigte die Bundesrepublik daraufhin erneut, türkische Terroristen zu beherbergen. Der türkische Europa-Minister Ömer Celik kritisierte Merkel und Schulz mit scharfen Worten. Die Beitrittsverhandlungen abzubrechen sei ein Angriff auf die Gründungsprinzipien der EU, sagte Celik. "Sie bauen eine Berliner Mauer mit den Steinen des Populismus." Die Türkei werde erhobenen Hauptes als ein europäisches Land und eine europäische Demokratie ihren Weg weitergehen.

Die Türkei hat seit dem gescheiterten Putsch im Juli 2016 Zehntausende Personen unter dem Vorwurf der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung inhaftiert. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes befinden sich derzeit 55 deutsche Staatsangehörige in der Türkei in Haft, davon zwölf aus politischen Gründen.

Besonders prominent sind die Fälle des deutsch-türkischen Welt-Journalisten Deniz Yücel, der deutsch-türkischen Journalistin Mesale Tolu sowie des Menschenrechtsaktivisten Peter Steudtner.

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