Anstehende Koalitionsverhandlungen:SPD-Generalsekretär setzt auf Verhandlungsbereitschaft der Union

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil - hier auf dem SPD-Parteitag - übt sich in Zuversicht.

(Foto: AFP)
  • Mit knapper Mehrheit hat sich die SPD für Koalitionsverhandlungen ausgesprochen. Allerdings verlangen die Genossen Zugeständnisse von der Union.
  • SPD-Generalsekretär Klingbeil zeigt sich zuversichtlich, dass die Union bereit sein werde, weiter zu verhandeln.
  • Bei CDU und CSU gibt es allerdings nur geringe Anhaltspunkte, die solchen Optimismus rechtfertigen.
  • Und auch der interne Widerstand in der SPD gegen eine große Koalition ist noch nicht gebrochen.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil rechnet nach eigenen Worten mit Zugeständnissen der Union in den anstehenden Koalitionsverhandlungen. "Die Union hat, glaube ich, verstanden, dass die SPD überzeugt werden muss", sagte er im ARD-"Morgenmagazin". So setze er darauf, dass es eine Härtefallregelung für den Familiennachzug bei Flüchtlingen geben werde.

Das Votum des Parteitages der Sozialdemokraten für Koalitionsverhandlungen wertete er als "klares Signal" - trotz des eher knappen Ausgangs. Gerade einmal 56 Prozent der Delegierten hatten sich bei dem Parteitag in Bonn am Sonntag für die Verhandlungen mit der Union ausgesprochen. Zugleich wurde die Parteispitze aufgefordert, in mehreren Punkten Nachbesserungen gegenüber dem Sondierungsergebnis auszuhandeln.

Dazu zählt die Abschaffung grundlos befristeter Beschäftigungsverhältnisse, die Überwindung der "Zwei-Klassen-Medizin" und eine "weitergehende Härtefallregelung" für den Familiennachzug von Flüchtlingen. "Ich bin mir sicher, dass die Union bereit ist, über diese Punkte zu reden. Das sind ja gesellschaftliche Fragen, die die Menschen in diesem Land interessieren", sagte Klingbeil.

Wie realistisch die demonstrative Zuversicht des SPD-Generalsekretärs ist, muss sich allerdings erst noch zeigen. SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles warnte ihre Partei vor zu hohen Erwartungen. Das CSU-Präsidium sprach sich noch am Sonntagabend klar gegen eine Neuverhandlung aus. "Wenn jetzt jede Partei beginnt, Themen aufzulisten, über die noch nachverhandelt werden muss, dann wird die Sache schwer gefährdet", sagte CSU-Chef Horst Seehofer in München.

Ähnliche Stimmen kamen aus der Schwesterpartei CDU. Partei-Vize Julia Klöckner sagte im ARD-"Morgenmagazin", in den Koalitionsverhandlungen werde man "in die Tiefe gehen". Aber es sollten keine bereits abgelehnten Punkte wieder auf den Verhandlungstisch kommen. "Wir sind jedenfalls nicht diejenigen, die das Paket aufschnüren", sagte der geschäftsführende Finanzminister Peter Altmaier ebenfalls der ARD.

Der hessische Ministerpräsident und CDU-Vize Volker Bouffier unterstrich bereits am Sonntagabend, dass das Ergebnis der Sondierungsgespräche gelte. Das knappe Ergebnis der SPD-Abstimmung zeige, dass die Sozialdemokraten völlig zerrissen seien, sagte er in Berlin. "Aber es kann nicht Aufgabe der CDU sein, die SPD zu einen." Die Union werde die Kernpunkte nicht noch einmal diskutieren.

Zurückhaltender äußerte sich Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU). "Zunächst einmal gilt, wir haben etwas verhandelt und ein Ergebnis erzielt mit den Sondierungen", sagte er am Sonntagabend in der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Es gelte aber auch: Wenn eine Partei in Koalitionsverhandlungen oder später in einer Regierung Gesprächsbedarf habe, werde natürlich über diese Punkte gesprochen. Kauder äußerte sich zuversichtlich, dass die Regierungsbildung spätestens in der ersten Märzwoche abgeschlossen werden kann.

Juso-Chef will weiter gegen die große Koalition mobilisieren

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zeigte sich zumindest in einem Punkt offen für Verhandlungen: bei der Härtefall-Regelung für den Familiennachzug von Flüchtlingen. Zwar trage der in den Sondierungen ausgehandelte Kompromiss zur Migration "den Geist der Begrenzung und Steuerung", sagte er am Montag im "Deutschlandfunk". Der CDU-Politiker machte aber deutlich: "Über Härtefälle wird man im Detail immer sprechen können."

Die Koalitionsverhandlungen sollen noch diese Woche beginnen. Bereits an diesem Montagabend ist ein Treffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer mit dem SPD-Vorsitzenden Martin Schulz geplant. Dabei wollen sie organisatorische Fragen klären und Abläufe festlegen. Zuvor stimmen sich Union und SPD intern ab.

Derweil geben sich die Gegner einer Neuauflage der großen Koalition in der SPD noch nicht geschlagen. Deren Wortführer, Juso-Chef Kevin Kühnert, kündigte an, weiter Widerstand mobilisieren zu wollen. "Für uns beginnt jetzt erst der große Teil der Arbeit. Wir wollen die Mitglieder davon überzeugen, dass unser Weg der richtige ist - und ich glaube, dass wir das schaffen können", sagte Kühnert dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Sobald der Entwurf für den Koalitionsvertrag vorliegt, werden wir Jusos in ganz Deutschland Veranstaltungen machen und für unsere Position werben."

Kämpferisch gibt sich auch der Juso-Chef in NRW, Frederick Cordes. "Jetzt gilt es, möglichst viele GroKo-Kritiker in die Partei zu holen, damit wir beim Mitgliederentscheid das Ergebnis sprengen können", sagte er der Rheinischen Post. Über einen möglichen Koalitionsvertrag stimmen am Ende die mehr als 440 000 SPD-Mitglieder ab, sie haben das letzte Wort.

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