Ansprache Russischer Präsident:Putin sucht Freunde - Lawrow poltert

  • In seiner alljährlichen Rede an die Nation thematisiert Putin vor allem innenpolitische Probleme.
  • Hinsichtlich der außenpolitischen Situation zeigt sich Putin versöhnlich. Anders als Außenminister Lawrow, der US-Präsident Obama eine "antirussische Politik" vorwirft.
  • Die USA ruft er auf, sich im Kampf gegen den internationalen Terrorismus stärker zu engagieren.

Von Antonie Rietzschel

Alle Jahre wieder wendet sich der russische Präsident an sein Volk. Alle Jahre wieder tritt er, begleitet von einem Tusch, durch goldene Türen an sein Rednerpult. In der Vergangenheit war die Rede von Wladimir Putin immer mit großen außenpolitischen Themen verknüpft: 2014 feierte er die Annexion der Krim. 2015 sorgte der Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei für schwierige Beziehungen zwischen Moskau und Ankara. 2016 ist der Themenberg gleichwohl größer. Der Krieg in Syrien, die Wahl Donald Trumps und die damit einhergehenden Anschuldigungen, mithilfe von Trollen und Hackerangriffen in den Wahlkampf eingegriffen zu haben.

Überhaupt sind die Beziehungen zu den USA so schlecht wie nie. Russlands Außenminister gibt dafür dem noch amtierenden Präsidenten Barack Obama die Schuld. Der habe das Verhältnis "willentlich gestört", sagte Sergej Lawrow in einem jüngst erschienenen Interview. Seine Politik sei "antirussisch". Lawrow hofft nun auf den künftigen US-Präsidenten Donald Trump. "Wir vertrauen darauf, dass die neue Regierung nicht die Fehler der bisherigen wiederholen will."

So deutlich äußert sich Putin nicht in seiner Rede. Für außenpolitische Themen nimmt er sich nur wenige Minuten Zeit. Der russische Präsident dementiert die Vorwürfe bezüglich des US-Wahlkampfs und wirft wiederum ausländischen Partnern, die er nicht genau benennt, vor, die Pressefreiheit einzuschränken. Der Geist des Kalten Krieges gehe um, so Putin. Das gilt aber aus seiner Sicht wieder nur für die nicht näher benannten internationalen Partner. "Wir suchen keine Feinde, wir brauchen Freunde", sagte der russische Präsident.

In Richtung der USA erklärte Putin, das Land solle nun endlich beginnen, den wahren Feind zu bekämpfen, den internationalen Terrorismus. Russland sei da Vorbild: "Unsere Armee hat in Syrien gezeigt, dass sie effektiv arbeitet - auch wenn die Einsatzkräfte weit entfernt sind von ihrer Heimatbasis."

Die Botschaft: Wir kümmern uns

Obwohl die EU sowie die USA ihre Sanktionen aufrechterhalten, könnte es außenpolitisch nicht besser für den Kreml laufen. Als die syrische Armee den von Rebellen besetzten Osten Aleppos einnahm, war das auch ein Durchbruch für den Verbündeten Assads. Russland hat die Offensive mit gezielten Luftangriffen begleitet. In den stockenden Verhandlungen über mögliche Feuerpausen spielt Moskau eine zentrale Rolle. Derzeit blockiert das Land im UN-Sicherheitsrat eine entsprechende Initiative.

In den USA ist nicht wie zunächst erwartet Hillary Clinton ins Amt gekommen, was dem Kreml äußerst gelegen kommt. Donald Trump hat zwar in der Vergangenheit widersprüchliche Aussagen über Russland gemacht und auch mit militärischen Schritten gedroht. Grundsätzlich scheint er aber ein Bewunderer Putins zu sein, lobte ihn im Wahlkampf als großartigen Anführer (mehr dazu hier). Hinzu kommt, dass bei den Präsidentschaftswahlen in Bulgarien und der Republik Moldau zwei Kandidaten gewählt wurden, die sich vorrangig Russland und weniger der EU verpflichtet fühlen.

Den Großteil seiner Rede widmete Putin der innenpolitischen Situation: Die schlechte wirtschaftliche Situation könne nicht auf die Sanktionen zurückgeführt werden, sondern auf eigene Probleme. Man müsse mehr investieren. Er schlug vor, Finanzhilfen für die IT-Branche zu verlängern. Außerdem müsse mehr im Bereich Landwirtschaft geschehen. "Der Export landwirtschaftlicher Produkte lohnt sich mehr als der Export von Waffen." Der russische Präsident sprach auch viel über soziales Engagement, Umweltschutz und kaputte Straßen. Die Botschaft: Wir wissen um die Probleme - und kümmern uns. So wie jedes Jahr.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: