Anschlagsversuch auf Regionalbahnen:Fahnder finden Bombenmaterial in Köln

In einer Wohnung im Stadtteil Ehrenfeld wurden Drähte, unfertige Zündvorrichtungen und Brandbeschleuniger gefunden. Der zweite Verdächtige namens Jihad H. könnte sich offenbar doch noch in Deutschland aufhalten.

Annette Ramelsberger

Die Ermittler des Bundeskriminalamtes haben in der Wohnung des Terrorverdächtigen Jihad H. Teile des Tatwerkzeugs sichergestellt, das er zum Bau der zwei Kofferbomben benutzt hat, die am 31. Juli in zwei Regionalzügen explodieren sollten.

Anschlagsversuch auf Regionalbahnen: Polizisten in Köln bei einer Hausdurchsuchung.

Polizisten in Köln bei einer Hausdurchsuchung.

(Foto: Foto: AP)

Wie Ermittler der Süddeutschen Zeitung berichteten, wurden in der Wohnung im Kölner Stadtteil Ehrenfeld Drähte, unfertige Zündvorrichtungen und Brandbeschleuniger gefunden, wie sie auch zum Bau der zwei Kofferbomben verwendet worden waren. Die Fahnder gehen davon aus, dass die beiden Libanesen die Bomben in Köln zusammengebaut haben, wo sie sie später - eingepackt in zwei Koffer - in den Zügen deponierten.

Die Fahnder haben bei den Befragungen von Bekannten des im Ausland untergetauchten Bombenbauers offenbar auch aktuelles Fotomaterial erlangt, mit dem sie nun die Fahnung intensivieren wollen.

Neue Fahndungsplakate

BKA-Präsident Jörg Ziercke kündigte im Auslandsfernsehen der Deutschen Welle an, seine Behörde werde in Kürze mit einer neuen Plakatfahndung in die Öffentlichkeit gehen, die ein realistisches Bild vom Aussehen des Gesuchten vermittle.

Ziercke bestätigte am Mittwoch einen Bericht der Süddeutschen Zeitung, wonach die Verdächtigen sich nach der Tat in den Nahen Osten abgesetzt hatten. Sie waren noch am gleichen Abend nach Istanbul geflogen und von dort vermutlich weiter nach Damaskus gelangt.

Einer der beiden Tatverdächtigen, der Libanese Youssef Mohamad E., war danach aus noch ungeklärten Gründen nach Deutschland zurückkehrt und am Samstag in Kiel festgenommen worden. Ob sich der zweite Verdächtige namens Jihad H. noch im Libanon aufhält, ist nicht hundertprozentig klar. Ziercke sagte im Sender n-tv, er müsse "offen lassen", ob der zweite Verdächtige ins Inland zurückgekehrt sei.

"Die Gefahr ist nicht gebannt", sagte Ziercke. Noch am Montag abend hatte Ziercke erklärt, er sei nicht nur zuversichtlich, sondern "optimistisch", dass der Mann in Kürze gefasst werden könne.

Unbeantwortete Fragen

Das hatte sich angehört, als wenn Ziercke nur noch den Befehl zur Festnahme geben müsste - oder minütlich auf den Anruf eines befreundeten Geheimdienstes wartete, dass man den Verdächtigen jetzt gefasst habe. Die Ankündigung Zierckes hatte allenthalben Verwunderung ausgelöst.

So einfach scheint es nun doch nicht zu sein. Und auch die Frage, ob es ein terroristisches Netzwerk in Deutschland gibt, bleibt bisher unbeantwortet. Die zwei am Dienstag festgenommenen Libanesen aus Bergisch-Gladbach und Oberhausen befinden sich wieder auf freien Fuß.

Bei ihnen handelt es sich nach Erkenntnissen der Ermittler nicht um die möglichen Hintermänner der Tat, sondern um die Leute, die als Einlader bei der Einreise der beiden jungen Männer gebürgt haben, offensichtlich Freunde der Familie. Einer davon ist auch Mitglied des Integrationsrates in Essen. Gegen die beiden Verhörten besteht offensichtlich kein Verdacht.

Mittlerweile schwirren die verschiedensten Informationen durch die Welt: Da soll es Verbindungen zu einer Moschee in Hamburg geben, was die Ermittler strikt bestreiten. Ein anfang Juli in Kiel festgenommener Deutsch-Marrokaner soll mit den Bomben zu tun haben - es gibt keinerlei Erkenntnisse dazu, sagen die Fahnder.

Emotional angeschlagen

Allerdings hat sich bestätigt, dass der Libanese aus Kiel vermutlich emotional sehr angeschlagen war: Er hat durch einen israelischen Bombenangriff auf den Libanon einen Bruder verloren.

Die Innenminister von Bund und Ländern haben sich darauf verständigt, den gordischen Knoten rund um die Anti-Terrordatei zu zerschlagen und bereits in der nächsten Woche eine Sondersitzung der Innenminister anzusetzen. Die Minister wollen voraussichtlich in Berlin die aktuelle Lage nach den verhinderten Zug-Attentaten diskutieren und die Vielzahl von Vorschlägen für eine bessere Bekämpfung des Terrors bündeln.

Angeregt hatte die Sitzung der Hamburger Innensenator Udo Nagel. Der genaue Termin wird derzeit vom Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, dem bayerischen Innenminister Günther Beckstein (CSU), organisiert.

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