Anschlagsserie im Irak:Blutbad in Bagdad

Nur kurze Zeit nach dem Abzug der US-Truppen wird der Irak von einer schweren Anschlagsserie erschüttert: Dutzende Menschen sind bei mehreren Bombenexplosionen in Bagdad ums Leben gekommen.

Bei mehreren Anschlägen in Bagdad sind am Donnerstag fast 60 Menschen getötet worden. die Nachrichtenagentur dpa berichtet von mehr als 70 Toten. Zudem seien fast 180 Menschen in verschiedenen Vierteln der irakischen Hauptstadt verletzt worden, sagte ein Vertreter des Gesundheitsministeriums. Die Behörden gingen bei den insgesamt zehn Bombenexplosionen im gesamten Stadtgebiet von einer koordinierten Aktion während des Berufsverkehrs aus.

Die meisten Anschläge ereigneten sich in schiitischen Stadtteilen, sunnitische Wohngebiete waren jedoch auch betroffen. Die schwerste Explosion ereignete sich im Stadtteil Al-Amal, wo sieben Menschen starben, wie Polizei und Rettungskräfte mitteilten. Zu den Anschlägen bekannte sich zunächst niemand.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat sich "zutiefst bestürzt" gezeigt und die Attentate scharf verurteilt. Die Menschen in Irak und die internationale Gemeinschaft hätten "viel investiert, um den Wiederaufbau des Landes und den gesellschaftlichen Versöhnungsprozess voranzubringen", hieß es in einer vom Auswärtigen Amt verbreiteten Erklärung. "Terroristischen Kräften darf es nicht gelingen, diesen Prozess aufzuhalten." Mit Blick auf die innenpolitische Krise in Irak rief Westerwelle alle politischen Kräfte im Land zur Zusammenarbeit und zum Dialog auf. Das bisher Erreichte dürfe nicht aufs Spiel gesetzt werden.

Parlament kommt zur Krisensitzung zusammen

Nur kurze Zeit nach dem Abzug der letzten US-Kampftruppen aus Irak waren die Anschläge in Bagdad die blutigsten, seit die Spannungen zwischen den Religionsgruppen am vergangenen Wochenende wieder aufgebrochen waren. Parlamentspräsident Osama al-Nudschaifi habe eine Krisensitzung des Parlaments für diesen Freitag einberufen, meldete die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak. Dabei soll es auch um die Vertrauenskrise zwischen sunnitischen und schiitischen Politikern der Regierungskoalition von Ministerpräsident Nuri al-Maliki gehen.

Der Konflikt hatte in den vergangenen Tagen die Arbeit des Parlaments und der Regierung lahmgelegt. Zuletzt hatte al-Maliki mit der Entlassung aller sunnitischen Minister aus seiner Regierung gedroht, weil diese die Kabinettssitzungen boykottierten. Zuvor hatte die Justiz des Landes wegen Terrorvorwürfen Haftbefehl gegen den sunnitischen Vizepräsidenten Tarek al-Haschemi erlassen, der daraufhin in das von den Kurden kontrollierte Autonomiegebiet im Norden des Irak floh.

Der Streit zwischen al-Maliki und al-Haschemi hat die Furcht vor einem Wiederaufflammen der religiös motivierten Gewalt im Irak zunehmen lassen. Fast neun Jahre nach dem Sturz Saddam Husseins kämpfen in dem tief gespaltenen Land Schiiten und Sunniten erbittert um die Macht.

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