Anschlag auf BVB-Bus:"Hecke" und "Frequenz"

Explosionen an BVB-Bus

Drei Bomben explodierten an der Straße vom Hotel zum Stadion, als der Mannschaftsbus von Borussia Dortmund am 11. April vorbeifuhr.

(Foto: Marcel Kusch/dpa)

In der Wohnung des mutmaßlichen BVB-Attentäters finden Ermittler handschriftliche Aufzeichnungen. Vor allem zwei Worte belasten den 28-Jährigen.

Von Hans Leyendecker und Georg Mascolo

Handschriftliche Notizen belasten den nach dem Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund festgenommenen 28-jährigen Deutschrussen Sergej W., der am 11. April das Attentat verübt haben soll. Nach Recherchen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR haben Ermittler bei der Durchsuchung der Wohnung des in Russland geborenen Mannes einen Collegeblock mit verdächtigen Einträgen in deutscher und russischer Sprache gefunden.

Die Notizen sollen nicht leicht lesbar gewesen sein. Der Verfasser habe "eine Sauklaue", sagt einer der mit dem Fall befassten Ermittler. Ein Gutachter sei aber zu dem Schluss gekommen, dass die Einträge mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von Sergej W. stammen.

Offenbar hatte sich der Verfasser der Einträge früh mit Fragen rund um den BVB beschäftigt. So soll sich in dem Block ein Hinweis finden, den die Fahnder mit einem öffentlichen Training der Mannschaft im März in Dortmund zusammenbringen. Warum soll sich Sergej W. für das Training des BVB interessiert haben? Nicht viel weiter führt dagegen das Wort "Autobahn", das sich in den Eintragungen findet. In und um Dortmund gibt es viele Autobahnen.

Die Eintragungen in dem Block elektrisieren die Fahnder vor allem deshalb, weil sich dort zwei Begriffe finden: "Hecke" und "Frequenz". In einer Hecke, die der Mannschaftsbus von Borussia Dortmund an diesem Apriltag auf dem Weg ins Stadion zum Champions-League-Spiel gegen die AS Monaco passieren musste, hatte der Attentäter drei Sprengsätze platziert, die mit Metallstiften gefüllt waren. Die drei Bomben sollen mit Empfangsmodulen ausgestattet gewesen sein, die vermutlich per Handy gezündet wurden. Bei dem Anschlag waren der BVB-Spieler Marc Bartra und ein Polizist verletzt worden. Das russische Wort für "Hecke" oder "Gebüsch", wie es auch übersetzt wurde, gilt also als verdächtig.

In den Notizen, die Sergej W. zugerechnet werden, finden sich zudem Bemerkungen über den Begriff "Frequenz". Es soll sich dabei um eine Frequenz handeln, die eine gute Verlässlichkeit aus der Ferne haben könnte. Sergej W. ist Elektrotechniker. Er hatte sich im Mannschaftshotel des BVB eingemietet; aus seinem Zimmer heraus konnte er auf die Straße sehen, die das Team auf dem Weg zum Stadion passierte.

Der Verdächtige Sergej W. gilt bei den Ermittlern als harter Brocken

Die handschriftlichen Notizen belasten den Verdächtigen weiter. Erdrückend sind diese neuen Indizien allerdings nicht. Nach wie vor belasten den Deutschrussen vor allem verdächtige Transaktionen an den Börsen, die er gemacht haben soll. Der 28-Jährige soll auf große Kursverluste der Borussia-Dortmund-Aktie gesetzt haben, zu dem es nach dem Anschlag auf die Mannschaft hätte kommen können. Sergej W. soll aus Habgier gehandelt haben.

Bislang hat er sich zu den Vorwürfen nicht im Detail geäußert. Er gilt bei den Ermittlern als harter Brocken. Gegen ihn wird wegen versuchten Mordes, Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Gegenüber dem Haftrichter hatte er anfangs knapp bestritten, dass er der Täter gewesen sei.

Ob die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, die den Fall von der Dortmunder Staatsanwaltschaft übernommen hat, das Verfahren behält, ist noch nicht klar. Es gilt nicht als unwahrscheinlich, dass die Karlsruher Ermittler, die für Staatsschutz zuständig sind - was im Fall BVB keine Rolle spielt - den Fall an die örtliche Staatsanwaltschaft abgeben werden.

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