Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt:Merkel: "Wir wollen nicht, dass die Angst vor dem Bösen uns lähmt"

  • Kanzlerin Merkel äußert sich zu dem Anschlag von Berlin: "Wir müssen nach jetzigem Stand von einem terroristischen Anschlag ausgehen."
  • Sie sagt, es wäre "besonders widerwärtig", falls sich herausstellen sollte, dass ein Flüchtling die Tat begangen habe.
  • "Wir werden die Kraft finden für das Leben, wie wir es in Deutschland leben wollen: frei, miteinander und offen", sagt Merkel.

Von Dominik Fürst

Für vier Minuten und 38 Sekunden tritt Angela Merkel am Dienstag in Berlin vor die Presse. Eine Nacht ist seit dem Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin-Charlottenburg vergangen. Die Ermittler arbeiten unter großem Druck, die Bundeskanzlerin sagt: "Wir müssen nach jetzigem Stand von einem terroristischen Anschlag ausgehen."

Zwölf Menschen sind bei der Attacke mit einem Lkw insgesamt ums Leben gekommen, etwa 50 sind verletzt. Merkel spricht mit ruhiger Stimme, doch sie wirkt mitgenommen. "Dies ist ein sehr schwerer Tag", sagt Merkel, sie sei "entsetzt und erschüttert" wie Millionen Menschen in Deutschland über das, was am Breitscheidplatz passiert ist: "Ein ganzes Land ist in tiefer Trauer vereint."

Die politische Rechte hat noch am Abend des Anschlags eine Verbindung zur deutschen Flüchtlingspolitik hergestellt. Merkel reagiert darauf auf ihre Weise. Sie sagt, es wäre "besonders widerwärtig", falls sich herausstellen sollte, dass ein Flüchtling die Tat begangen habe, "ein Mensch, der in Deutschland um Asyl und Schutz gebeten hat". Aber eben nicht nur gegenüber den deutschen Flüchtlingshelfern, sondern auch gegenüber den Menschen, die tatsächlich Schutz bräuchten und sich um Integration bemühten.

Am Nachmittag will Merkel zum Breitscheidplatz gehen

Zur Arbeit der Ermittler äußert die Bundeskanzlerin sich nicht, abgesehen davon, dass sie ihnen und den Rettungskräften dankt. Sie versichert, sie sei in ständigem Austausch mit den zuständigen Stellen und dem Berliner Regierenden Bürgermeister Michael Müller. Am Nachmittag werde sie mit ihm zusammen zum Breitscheidplatz gehen, um dort ihre Trauer auszudrücken.

Ihre kurze Ansprache beendet Merkel, indem sie schildert, wie schwer eine solche Tat zu begreifen sei: "Millionen von Menschen wie auch ich fragen sich heute Morgen: Wie können wir damit leben, dass an einem Ort, an dem so viele das Leben feiern, ein Mörder den Tod bringt?" Eine Antwort darauf habe sie nicht.

Aber auf die schönen Stunden im Leben wolle sie nicht verzichten, sagt die Bundeskanzlerin noch: "Wir wollen nicht damit leben, dass uns die Angst vor dem Bösen lähmt. Wir werden die Kraft finden für das Leben, wie wir es in Deutschland leben wollen: frei, miteinander und offen."

Merkel verlässt den Saal, ohne Fragen zuzulassen - und wirkt dabei schon entschlossener als noch fünf Minuten zuvor.

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