Anschläge von Paris:Drei Stunden Terror

Anschläge von Paris: Glasscherben liegen auf dem Boden. Aus einem Auto heraus eröffneten die Attentäter das Feuer.

Glasscherben liegen auf dem Boden. Aus einem Auto heraus eröffneten die Attentäter das Feuer.

(Foto: AFP)

Von dem ersten Selbstmordanschlag auf des Stade de France bis zum Sturm der Polizei auf das Musiklokal Bataclan vergehen drei Stunden. Was in dieser Zeit in Paris geschah.

Die Attentäter von Paris schlugen nach bisherigem Stand der Ermittler in drei Gruppen zu. 30 Minuten lang verübten sie Anschläge auf das Nationalstadion und mehrere Cafés und Restaurants in der Innenstadt. In der Konzerthalle Bataclan ging der Angriff dann in eine Geiselnahme über, die erst nach Mitternacht von der Polizei gewaltsam beendet wurde. 132 Menschen wurden bei den Terroranschlägen getötet, mehr als 350 wurden zum Teil schwer verletzt.

Bilsang gehen die Behörden davon aus, dass es sieben Angreifer waren, die in drei Gruppen operierten. Alle sieben waren mit Sprengstoffwesten und automatischen Waffen ausgerüstet, alle starben im Laufe des Abends - sechs von ihnen sprengten sich selbst in die Luft.

Ob es weitere Täter oder Komplizen gibt, die möglichweise entkommen sind, ist derzeit unklar. Ein mögliches Tatfahrzeug mit Waffen wurde mittlerweile in einem Vorort von Paris gefunden. Eine Chronik der Angriffe.

Freitag, 13. November, 21.00 Uhr, Stade de France:

Anpfiff im Nationalstadion: Weltmeister Deutschland spielt gegen die französische Nationalmannschaft. Mit 80 000 Zuschauern ist das Stadion voll besetzt, auch Frankreichs Präsident Francois Hollande und der Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sind dort, um sich das Spiel anzusehen.

21.20 Uhr, Stade de France:

Ein Terrorist zündet vor dem Eingang D des Stadions seine Sprengstoffweste. Er reißt einen Passanten mit in den Tod.Die Polizei wird später einen syrischen Pass finden. Im Stadion ist ein lauter Knall zu hören, es läuft gerade die 16. Spielminute. Die Zuschauer bleiben ruhig, das Match auf dem Rasen geht weiter.

21.25 Uhr, Le Carillon und Le Petit Cambodge

Ein schwarzer Seat fährt an einer großen Kreuzung im 10. Arrondissement vor, dem Pariser Vergnügungsviertel. Ohne Vorwarnung eröffnen die Insassen das Feuer auf die Gäste in der Bar Le Carillon und dem Restaurant Le Petit Cambodge. 15 Menschen sterben, zehn bleiben schwer verletzt zurück. Die Ermittler zählen später mehr als 100 Einschüsse am Tatort. Ein schwarzer Seat samt Kalaschnikows wird am Sonntagmorgen in Montreuil, einem Vorort im Osten der französischen Hauptstadt, gefunden - es wird deshalb gemutmaßt, dass einem Terrorkommando die Flucht gelungen sein könnte. Der schwarze Seat wird an diesem Abend noch an mehreren Tatorten gesehen.

21.30 Uhr, Stade de France

Vor dem Eingang H des Fußballstadions sprengt sich ein weiterer Selbstmordattentäter in die Luft, er tötet dabei nur sich selbst. Auch diese Detonation ist im Stadion zu hören. Frankreichs Verteidiger Patrice Evra hat gerade den Ball. Er blickt nach dem Knall kurz irritiert auf, dann geht das Spiel weiter.

21.32 Uhr, A la Bonne Bière/Cosa Nostra

Zwei Straßenecken vom Le Carillon entfernt eröffnen Attentäter erneut aus dem Auto heraus das Feuer auf die Gäste des Cafés A la Bonne Bière und die gegenüberliegende Pizzeria Cosa Nostra. Vermutlich ist es derselbe schwarze Seat, der schon für den vorigen Angriff benutzt wurde. Fünf Menschen sterben, acht werden schwer verletzt. Etwa hundert Patronenhülsen finden die Ermittler später auf der Straße vor dem Lokal.

21:36 Uhr, La Belle Équipe

Wieder werden Schüsse aus einem schwarzen Auto heraus abgegeben, diesmal auf das Restaurant "La Belle Équipe", das sich etwas weiter südlich von den bislang angegriffenen Lokalen im 11. Arrondissement befindet. Die Angreifer töten 19 Menschen, neun werden schwer verletzt. Auch an diesem Tatort werden später etwa 100 Patronenhülsen gefunden.

21.40 Uhr, Comptoir Voltaire

Im Restaurant Comptoir Voltaire, gleich in der Nähe des Belle Équipe, sprengt sich ein Terrorist in die Luft. Er verletzt einen Menschen schwer und mehrere leicht. Ob der Selbstmordattentäter einer der Terrorgruppen angehörte, die zuvor wahllos auf die Gäste von Cafés und Restaurants schossen, ist noch unklar. Möglicherweise setzten seine Komplizen ihn in der Nähe des Restaurants ab, bevor sei weiterfuhren.

21.40 Uhr, Bataclan

Vor dem Musikclub Bataclan hält ein dunkles Fahrzeug, aus dem drei Attentäter mit Sturmgewehren steigen. Im "Bataclan" spielt gerade die Band "Eagles of Death Metal", bis auf den letzten Platz ist das Lokal besetzt, das für 1500 Gäste ausgelegt ist. Die drei Terroristen dringen in den Musikclub ein und feuern wahllos in die Menge. Nach dem ersten Angriff nehmen die Terroristen etwa 100 Geiseln im Bataclan. Unter den Attentätern ist der 29-jährige Franzose Ismaël Omar Mostefaï. Er wird später mit Hilfe eines abgetrennten Fingers identifiziert. Beim Bataclan findet die Polizei später einen Polo mit belgischem Kennzeichen, den die Angreifer benutzt haben sollen. Er führt die Polizei auf eine Spur nach Brüssel, wo inzwischen sieben Verdächtige festgenommen wurden.

21.53 Uhr, Stade de France

Etwa 400 Meter vom Stadion entfernt sprengt sich ein dritter Selbstmordattentäter in der Nähe eines Fastfood-Restaurants in die Luft. Andere Menschen werden bei dem Anschlag nicht verletzt. Im Stadion geht das Spiel weiter. Am Ende verliert Deutschland gegen Gastgeber Frankreich 2:0. Präsident Hollande wird bereits vor dem Abpfiff um 22.45 Uhr unter strengen Sicherheitsvorkehrungen in seinen Amtssitz gebracht. Die Zuschauer dürfen das Stadion zunächst nicht verlassen, weil die Polizei aus Sicherheitsgründen alle Ausgänge abriegelt.

0.20 Uhr, Bataclan

Die Polizei stürmt den Musikclub, um die Geiselnahme zu beenden. Zwei der Attentäter sprengen sich dabei selbst in die Luft. Ein dritter wird von den Beamten erschossen. Nach der Erstürmung wird das ganze Ausmaß des Terroranschlags deutlich: Im Bataclan sind 89 Menschen tot, viele weitere schwer verletzt.

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