Anschläge in Syrien:Blutiges Fanal von Damaskus

Die Gewalt in Syrien hat eine neue Stufe erreicht: Nach den blutigen Selbstmordanschlägen in Damaskus fühlt sich das Regime in seiner These bestätigt, es kämpfe nicht gegen das Volk, sondern gegen Terroristen. Die Opposition vermutet die Machthaber selbst hinter den Anschlägen - doch auch das klingt eher absurd.

Rudolph Chimelli

Zwei Sprengstoffattentate in Damaskus mit Dutzenden von Opfern bedeuten eine neue, qualitativ höhere Stufe der gewaltsamen Auseinandersetzung mit dem Regime von Baschar al-Assad. Die syrische Hauptstadt war bisher, genau wie Aleppo im Norden, von kleinen Zwischenfällen abgesehen, ruhig.

Die Hälfte der Syrer, die in diesen beiden Metropolen lebt, hatte sich nicht am Aufstand beteiligt und war von Repression weitgehend verschont geblieben. Ausdruck einer Volksbewegung sind die blutigen Anschläge sicher nicht.

Mehrere Selbstmordattentäter mit ihren Dynamit-Autos koordiniert auf die wichtigsten Geheimdienstzentralen einer Diktatur anzusetzen, ist nicht die Sache von Amateuren. Offizielle Sprecher in Damaskus sehen sofort al-Qaida am Werk. Eine sehr einfache Erklärung, die immer Beifall findet.

Der stellvertretende Außenminister Feisal Mekdad weiß aber noch andere Adressen, die mit al-Qaida normalerweise nichts im Sinn haben: die Europäer, die Amerikaner und bestimmte arabische Länder, die angeblich die Aufständischen im Land unterstützen. In jedem Falle fühlt sich das Regime in seiner These bestätigt, es kämpfe nicht gegen das Volk, sondern gegen Terroristen.

Der sofort erhobene Verdacht, die Machthaber hätten die Schreckenstat selber inszeniert, um diese These für die gerade eintreffenden arabischen Beobachter plausibel zu machen, klingt eher absurd. So kulant sind selbst treue Geheimpolizisten nicht, dass sie sich auftragsgemäß in die Luft sprengen.

In der an Gewalt gewöhnten nahöstlichen Zwischenwelt von Agenten, Gläubigen, Opfern und Fanatikern finden sich freilich genug nützliche Idioten, die sich instrumentalisieren lassen.

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