Anschläge in Norwegen:Anwalt: Breivik wollte weitere Gebäude bombardieren

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Eine Autobombe im Osloer Regierungsviertel, das Massaker auf der Ferieninsel Utøya: Insgesamt 76 Menschen starben bei den Anschlägen in Norwegen vor einer Woche, doch der geständige Attentäter Anders Behring Breivik wollte seinem Anwalt zufolge noch mehr Menschen töten - und hatte dafür bereits konkrete Pläne.

Genau eine Woche ist es her, dass der geständige Attentäter Anders Behring Breivik um 15.26 Uhr direkt vor dem Osloer Regierungs-Hochhaus eine Autobombe detonieren ließ. Zwei Stunden später begann er mit dem Massaker an den Teilnehmern eines sozialdemokratischen Jugendlagers. Insgesamt starben 76 Menschen - doch der Attentäter soll noch umfassendere Terrorpläne gehabt haben, wie die Zeitung Aftenposten berichtet.

Ein gepanzertes Fahrzeug bringt Anders Behring Breivik am Freitagvormittag in die Osloer Polizeizentrale, wo er erneut verhört wird. (Foto: dpa)

Das Blatt zitiert Breiviks Anwalt Geir Lippestad mit den Worten: "Er hatte an diesem Freitag noch mehrere Pläne in unterschiedlicher Größenordnung." Diese seien "genau so konkret" gewesen wie die Bombe im Osloer Regierungsviertel und das Massaker auf Utøya. Breivik hätte die Absicht gehabt, zwei weitere Gebäude "zu bombardieren". Allerdings seien an dem Tag "Dinge geschehen, auf die ich nicht eingehen kann. Sie hatten zur Folge, dass alles etwas anders verlief, als er sich vorgestellt hatte."

In der Osloer Polizeizentrale erhoffen sich die Ermittler neue Erkenntnisse von dem festgenommenen Attentäter: Behring Breivik wurde am Freitagvormittag in einem Konvoi gepanzerter Fahrzeuge aus dem Hochsicherheitsgefängnis in Ila ins Hauptquartier der Osloer Polizei gebracht, um dort zum zweiten Mal vernommen zu werden. Nach Angaben von Staatsanwalt Paal-Fredrik Hjort Kraby sollten dabei die Aufzeichnungen des ersten Verhörs, mehr als 50 Seiten Text, noch einmal durchgegangen werden. "Er muss sagen, ob er bei dem bleibt, was er gesagt hat", sagte Hjort Kraby. "Es wird keine Konfrontation geben."

Mit neuen Ermittlungsergebnissen solle Behring Breivik dann beim nächsten Verhör in der kommenden Woche konfrontiert werden. Ein Datum für das Verhör nannte der Staatsanwalt nicht. Zunächst hatte es geheißen, Behring Breivik sollte bereits am Freitag zu Ermittlungsergebnissen der vergangenen Tage befragt werden.

Ein Gericht in Oslo benannte zwei Psychiater, die ein Gutachten über Behring Breivik anfertigen sollen. Die Psychiater sollten ihre Arbeit in einer Woche aufnehmen und bis zum 1. November abgeschlossen haben, sagte Staatsanwalt Hjort Kraby. Erst dann werde feststehen, ob Behring Breivik für seine Taten vor Gericht verantwortlich gemacht werden könne.

Am Vortag war bekannt geworden, dass der Prozess gegen Breivik erst im kommenden Jahr beginnen soll: Es wird eines der kompliziertesten Verfahren in der norwegischen Geschichte werden. Der Fall der zwei Terroranschläge vom vergangenen Freitag sei so umfassend, dass die Ausarbeitung der Anklageschrift lange dauern werde.

Breivik solle jeden Mord einzeln erklären, sagte Norwegens Generalstaatsanwalt Tor-Aksel Busch zur Begründung. Der oberste Staatsanwalt des Landes sagte, "Aus Respekt vor den Toten und den Angehörigen muss der Täter für jede einzelne Tötung Rechenschaft ablegen". Das stelle auch entsprechende Anforderungen an die Beweisführung, sagte er weiter.

Erstes Begräbnis nach Utøya-Massaker

Bei einer Gedenkveranstaltung seiner Arbeiterpartei für die Opfer der beiden Anschläge bezeichnete Regierungschef Jens Stoltenberg die Anschläge als "Angriff auf unsere Demokratie". Mit Blick auf das Massaker auf Utöya sagte Stoltenberg nach einer Gedenkminute: "Die Kugeln haben unsere Jugend, aber auch die gesamte Nation getroffen." Der Leiter der von dem Anschlag betroffenen Arbeiterjugend, Eskil Pedersen, sagte: "Wir werden unserer Toten nicht mit Trauer, sondern mit einem Lächeln gedenken."

Zeitgleich wurde in der Stadt Nesodden das erste Opfer des Massakers von Utöya beigesetzt. Zur Beerdigung der im Alter von 18 Jahren getöteten Bano Rashid sollte auch Außenminister Jonas Gahr Störe erscheinen. Ihre Schwester überlebte den Angriff. Die Mutter der beiden Mädchen sagte Medienberichten zufolge vor der Beerdigung: "Die Antwort (auf den Anschlag) muss Liebe sein, nicht noch mehr Hass." In der Stadt Hamar im Südwesten Norwegens sollte am frühen Nachmittag ein weiteres Opfer beigesetzt werden.

© sueddeutsche.de/dpa/AFP/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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