Angriffe auf Moscheevereine:Appell an den Minister

Landtag in Baden-Württemberg

Der Innenminister von Baden-Württemberg und CDU-Politiker, Thomas Strobl, 58, kündigt im Konflikt zwischen Kurden und Türken ein konsequentes Vorgehen gegen Straftaten an.

(Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Brandanschlag und Steinwurf: Die Attacken gegen türkische Einrichtungen in Deutschland gehen weiter. Dazu wächst die Kritik an Horst Seehofers Aussagen zum Islam.

Ein Brandanschlag auf einen Moscheeverein in Ulm, Steine gegen ein Fenster eines türkischen Kulturvereins in Hamburg, ein Schweinekopf vor einer Moschee im münsterländischen Gronau. Die Attacken gegen türkische Einrichtungen in Deutschland gehen weiter. Am Wochenende war von 26 Vorfällen in diesem Jahr die Rede, am Anfang der Woche schon von 37 - inzwischen sind es noch mehr geworden. "Jeder dieser Angriffe ist ein Angriff auf unser Land", hatte der Zentralratsvorsitzende Aiman Mazyek am Dienstag im Berliner Bundestag, wo er bei der Fraktion der Grünen zu Gast war, gesagt. In den vergangenen Wochen habe sich zugespitzt, was bereits seit Jahren geschehe. Er forderte die Behörden auf, für die Sicherheit religiöser Einrichtungen zu sorgen. "Wenn Moscheen brennen, wenn Synagogen brennen, wenn Kirchen brennen, wenn Gotteshäuser brennen, dann brennt auch unser Land", sagte Mazyek. In mehreren Fällen gehen die Ermittler davon aus, dass die Täter aus den Reihen extremistischer Kurden kommen. Eine Offensive des türkischen Militärs auf die mehrheitlich von Kurden bewohnte Stadt Afrin in Nordsyrien sorgt derzeit für starke Spannungen. Bei diversen Attacken sind die Hintergründe jedoch unklar.

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) kündigt im Konflikt zwischen Kurden und Türken ein konsequentes Vorgehen gegen Straftaten an. "Der ganz große Teil der türkischstämmigen und der kurdischstämmigen Menschen, die in Baden-Württemberg leben, ist friedlich", sagte der CDU-Bundesvize Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten. Es gebe aber auch gewaltbereite Gruppen. "Wir nehmen es da nicht tatenlos hin, wenn der Konflikt zwischen Türken und Kurden bei uns ausgetragen wird - dafür gibt es hier keinen Raum." Die Polizei schöpfe alle rechtlichen Mittel aus, um Gewalttaten zu verhindern. In der nordsyrischen Region geht die türkische Armee seit Januar gegen die Kurdenmiliz YPG vor. Die Türkei stuft die YPG aufgrund ihrer Verbindungen zur PKK als Terrororganisation ein. Am Sonntag hatten die Türken und ihre arabischen Verbündeten Afrin eingenommen. Die türkische Offensive gegen die YPG hat zu massiven Protesten von Kurden in Deutschland geführt.

Die unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbands zusammengeschlossenen Migrantenorganisationen haben die Äußerungen von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zum Islam kritisiert. Gerade vor dem Hintergrund von bundesweit Dutzenden Anschlägen auf Moscheen in den vergangenen zwei Monaten seien dessen jüngste Aussagen "taktlos und außerordentlich schwierig", erklärten die Organisationen am Mittwoch. "Der Bundesinnenminister steht dem für gesellschaftlichen Zusammenhalt und Integration zuständigen Ressort vor", teilte das Forum der Migrantinnen und Migranten in dem Verband weiter mit. "Daraus erwächst eine besondere Verantwortung, die einigende Worte angebracht sein ließen." Seehofer hatte jüngst in einem Interview die Ansicht vertreten, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Dies stieß auf breite Kritik. Das Forum erklärte nun, niemand bestreite, dass Deutschland eine christliche und jüdische Prägung habe. Zugleich hätten in den vergangenen Jahrhunderten viele Kulturen "zur Vielfältigkeit des Landes beigetragen". "Wir würden uns freuen, wenn auch Sie diese Vielfalt unserer Gesellschaft als Stärke begreifen und für sie werben würden", schrieb das Migrantenforum in dem offenen Brief an Seehofer. Es diene dagegen nicht der Sache, eine Einteilung der Bevölkerung in "die" und "wir" vorzunehmen.

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