Angela Merkel:Das nächste Auswärtsspiel

German Chancellor Angela Merkel campaigns in Strasburg

Proteste begleiten den Wahlkampf Angela Merkels - auch in Strasburg, in ihrer uckermärkischen Heimat.

(Foto: Fabrizio Rensch/Reuters)

Der Kanzlerin schlägt auf ihrer Wahlkampftour durch den Osten ungekannte Aggression entgegen - selbst in ihrer uckermärkischen Heimat.

Von Jens Schneider, Strasburg in der Uckermark

Wahlkämpfer wünschen sich Sonne für ihre Auftritte. An diesem Freitagnachmittag aber dürfte der Nieselregen über der Kleinstadt Strasburg der CDU gelegen kommen. Der Auftritt der Kanzlerin wird vom Sportplatz in die Max-Schmeling-Halle verlegt, eine kleine Sporthalle. Der Zugang wird sorgfältig kontrolliert. Im Eingang wird eine Frau aus Pasewalk aufgehalten. Sie trägt eine Deutschlandfahne mit Trauerflor. Sie sei mit der Einwanderungspolitik der Kanzlerin nicht einverstanden und zum Protestieren gekommen. Sie werde die AfD wählen.

Rechts neben einem Wandbild, das den Boxer Max Schmeling zeigt, bauen sich Männer mit einem Transparent vor der Halle auf. "Merkel muss weg", steht darauf. Als die Bundeskanzlerin eintrifft, gellen Pfiffe über den Platz vor der Halle. "Verschwinde", brüllt jemand. Ein anderer hält einen mit Filzstift beschriebenen Schal über seinen Kopf. Auch seine Parole richtet sich gegen Angela Merkel.

So setzt sich fort, was schon die letzten Tage des CDU- Wahlkampfs prägte.

Die Kanzlerin hat unwirtliche Tage hinter sich. In dieser Woche trat Angela Merkel vor allem im Osten auf, und immer wieder wurden ihre Reden von rechten Störern unterbrochen, in einem Ausmaß, wie sie es noch in keinem Wahlkampf erlebt hat. In den Sprechchören auf Plätzen in Torgau oder Finsterwalde schlug ihr bisher ungekannte Aggression entgegen. "Merkel muss weg", riefen Gruppen, "Volksverräter", pöbelten andere. Plakate der NPD waren zu sehen, wie auch hier in Strasburg. Auch AfD-Anhänger protestierten. Viele der Proteste wirkten gut organisiert, lange vorbereitet.

Der Besuch in Strasburg sollte ein Heimspiel sein für die Kanzlerin, sie ist in der Uckermark aufgewachsen, und tatsächlich begrüßt sie hier an diesem Nachmittag in der Max-Schmeling-Halle die große Mehrheit der Zuhörer freundlich, mit mildem Beifall, nach Uckermärker Art ist das beinahe frenetisch.

Die Schalmeienkapelle aus dem Nachbarort Rossow spielt auf, die Fußballjugend des Sportvereins läuft in Trikots auf. In den Tagen vorher gab es auf dem Sportplatz schon einen Schrecken für den Verein. Auf den Rasen hatten Unbekannte gegen die Kanzlerin gerichtete Parolen geschmiert.

In der Halle geht es gesittet zu, einige Männer halten Transparente gegen die Kanzlerin hoch. Sie werden zunächst ignoriert. Merkel spricht über die Lage hier in Mecklenburg-Vorpommern, die Arbeitsplätze und den Fachkräftemangel.

Nach gut zwanzig Minuten stehen einige der Merkel-Gegner auf und skandieren Parolen. Auch Pfiffe sind wieder zu hören. "So, ich hab's verstanden", sagt Merkel mit ruhiger Stimme. "Schön, dass Sie sich bemerkbar machen. Aber ansonsten wollen wir über die Zukunft reden." Die Rufe verstummen.

Die Kanzlerin spricht nun auch ausführlich über die Flüchtlinge. Sie sagt, sie wisse, dass viele Bürger sich allein gelassen gefühlt hätten, als die Flüchtlinge kamen. Aber niemandem sei etwas weggenommen worden, "wir haben keine Sozialleistung gekürzt", betont Merkel. Sie erklärt, wie wichtig es sei, Menschen in Not zu helfen, dass sich aber die Ereignisse des Jahres 2015, in dem die vielen Flüchtlinge kamen, nicht wiederholen würden. Am Ende bekommt sie kurzen Applaus.

Draußen warten an die hundert Menschen auf sie, einige mit handbeschriebenen Schildern, auch sie gegen die Kanzlerin gerichtet. Wieder wird gepfiffen, werden Slogans skandiert. Die Kanzlerin fährt weiter, der nächste Auftritt ist in Wolgast. Dort wird ihr Wagen mit Tomatenwürfen begrüßt.

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