Angeblicher Reichstag-Terrorplan:Ermittler misstrauen Austro-Taliban-Plot

Der österreichische Islamist Thomas al-J. wollte angeblich ein Flugzeug in den Berliner Reichstag steuern - doch die Berichte aus Wien verwundern die deutschen Ermittler. Sie sehen "keinerlei Anhaltspunkte" für einen konkreten Terror-Plot. Was plante der angebliche Austro-Taliban wirklich?

Die Wiener Staatsanwälte prüfen noch, doch die deutsche Bundesanwaltschaft ist sich schon sicher: Es gibt keine ernstzunehmenden Hinweise, dass der festgenommene österreichische Islamist Thomas al-J. davor stand, einen Terroranschlag auf den Berliner Reichstag zu begehen.

Anschlag auf Reichstag geplant?

Deutsche Ermittler sehen keine Hinweise, dass der festgenommene Österreicher einen Anschlag auf den Reichstag in Berlin plante.

(Foto: dpa)

"Es gibt keinerlei Anhaltspunkte für konkrete Vorbereitungen eines Anschlags in Deutschland", sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft und wies damit Darstellungen der Wiener Anklagebehörde zurück. Deren Chefin Marie-Louise Nittel hatte gesagt, sie prüfe, ob der am Mittwoch verhaftete 25-Jährige ein Passagierflugzeug in den Berliner Reichstag steuern wollte. Bisher hätten die Ermittlungen den Verdacht allerdings nicht bestätigt.

Die Bundesanwaltschaft ermittelt zwar gegen die österreichische Gruppe um Thomas al-J., allerdings nur wegen des Verdachts auf Unterstützung militanter Dschihadisten und nicht wegen potenzieller Terrorpläne.

Der per Haftbefehl gesuchte Mann war am Mittwoch in Wien festgenommen worden. Außerdem wurden zwei Männer und eine Frau am Wiener Flughafen Schwechat gestoppt. Sie wollten nach Angaben der Behörden nach Pakisten reisen, um sich in einem Terrorcamp ausbilden zu lassen. Thomas al-J. soll die Reise organisiert haben.

Die Kronenzeitung hatte berichtet, der zum Islam konvertierte Österreicher habe seit Monaten mit einem Flugsimulator am Computer für ein Attentat nach dem Vorbild der Anschläge vom 11. September trainiert. An diesem Sonntag legte das Blatt noch einmal nach und behauptete: "Reichstag-Anschlag war bis ins letzte Detail geplant".

Zu dem Simulator äußerte sich ein Sprecher des österreichischen Innenministeriums auf Anfrage der Zeitung Kurier vorsichtig: "Es ist schon möglich, dass ein Flugspiel auf den Computern gefunden wurde. Ob und mit welcher Maschine der Verdächtige den theoretischen Angriff geübt haben könnte, können wir nicht sagen."

Nach Angaben des Ministeriums wird der 25-Jährige der terroristischen Vereinigung "Deutsche Taliban Mudschahedin" (DTM) zugerechnet. Laut Bundesanwaltschaft will die Gruppe in Afghanistan einen religiös-fundamentalistischen Staat errichten. Sie stehe in Verdacht, Anschläge sowohl auf afghanische und pakistanische Regierungstruppen als auch auf Mitglieder der internationalen Militärkoalition Isaf zu verüben. Als einer der führenden Köpfe der DTM galt der Saarländer Eric Breininger, der im Frühjahr 2010 in Pakistan erschossen wurde.

Bereits am 31. Mai war in Wien ein 26-jähriger Berliner Islamist festgenommen worden, gegen den in Deutschland wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der DTM ermittelt wird. Laut Berliner Morgenpost trat der Deutsch-Türke Yusuf O. in mehreren Propagandavideos als vermummter Gotteskrieger auf und drohte mit Anschlägen in deutschen Großstädten, sollte die Bundeswehr den Afghanistan-Einsatz nicht beenden.

Auch wenn Yusuf O. und Thomas al-J. sich wohl kannten, sieht die Bundesanwaltschaft keine direkte Verbindung zwischen den beiden Männern. Es gebe "keine strafrechtlichen relevanten Zusammenhänge", hatte ein Sprecher zu sueddeutsche.de gesagt. Das österreichische Innenministerium hatte dagegen vorher entsprechende Verbindungen gezogen.

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