Analyse der Forschungsgruppe Wahlen:Roland Koch fehlt der Amtsbonus

Die Analyse der Forschungsgruppe Wahlen zeigt, dass die dramatischen Verluste der CDU vor allem eine persönliche Niederlage für Koch sind.

Peter Fahrenholz

Noch am Wahlabend hatte Hessens Ministerpräsident Roland Koch das Debakel für die CDU mit den besonderen politischen Verhältnissen in Hessen zu erklären versucht. Hessen sei eben immer ein knappes Bundesland gewesen.

Analyse der Forschungsgruppe Wahlen: Verlor vor allem kurz vor der Wahl an Zustimmung: Ministerpräsident Roland Koch

Verlor vor allem kurz vor der Wahl an Zustimmung: Ministerpräsident Roland Koch

(Foto: Foto: AP)

Die Analyse der Forschungsgruppe Wahlen zeigt jedoch, dass die dramatischen Verluste der CDU vor allem eine persönliche Niederlage für Koch sind. Dem Ministerpräsidenten ist es in den neun Jahren seiner Regierungszeit offensichtlich nicht gelungen, einen Amtsbonus aufzubauen, der seine Partei mitzieht.

Dass Koch auf der +5/-5-Skala nur einen Zustimmungswert von 0,0 erreicht, während seine Herausforderin Andrea Ypsilanti auf +1,1 kommt, erstaunt nicht so sehr. Koch polarisiert so stark, dass er fast zwangsläufig von den SPD-Anhängern mit -2,0 besonders schlecht bewertet wird. Blamabel für Koch hingegen ist, dass seine persönliche Leistungsbilanz nur auf 50 Prozent Zustimmung stößt.

Bei Direktwahl hätten 41 Prozent für Koch, 46 für Ypsilanti gestimmt

Das ist für einen jahrelang amtierenden Ministerpräsidenten ein ausgesprochen schwacher Wert. Im Falle Kochs ist dies vor allen deshalb bemerkenswert, weil er allgemein als der stärkste und intelligenteste Rivale von Bundeskanzlerin Angela Merkel innerhalb der CDU gilt. Bei einer Direktwahl des Ministerpräsidenten hätten nur 41 Prozent für Koch gestimmt, während 46 Prozent die vor wenigen Monaten noch als völlig chancenlos eingestufte Ypsilanti gewählt hätten.

Auch die von Koch geführte Landesregierung kommt nur auf bescheidene +0,2-Zustimmung. Vor der Landtagswahl 2003 hatte dieser Wert noch bei +1,0 gelegen. Die CDU hat in allen Altersgruppen Verluste hinnehmen müssen, die vor allem bei den unter 30-Jährigen mit minus 20 Punkten und den 45- bis 59-Jährigen mit minus 17 Punkten besonders deutlich ausfielen. Wäre das CDU-Potential bei den über 60-Jährigen mit 48 Prozent (minus vier Prozentpunkte im Vergleich zu 2003) nicht einigermaßen stabil geblieben, wäre die Niederlage für die CDU noch verheerender ausgefallen.

Klar ergibt sich aus der Analyse, dass Koch die polarisierende Kampagne zur Jugendkriminalität nichts gebracht hat, im Gegenteil: Die Zustimmung zur CDU ist in den letzten Wochen vor der Wahl stark gesunken, gut ein Viertel der Wähler hat sich erst kurzfristig entschieden. Die CDU-Forderung nach einem verschärften Jugendstrafrecht hat die Wählerschaft gespalten, 52 Prozent fanden sie gut, 45 Prozent lehnten sie ab.

Bildung war für die Wähler wichtigstes Thema

Die SPD hat hingegen offenbar auf die richtigen Themen gesetzt. Das Thema Bildung und Schule war für die Wähler in Hessen dabei das eindeutig wichtigste Thema. Hier hat die CDU ihren Kompetenzvorsprung von 2003 klar an die SPD verloren und wurde für Fehler in der Bildungspolitik bestraft. Auch mit ihrer Forderung nach einem Mindestlohn stieß die SPD auf breite Zustimmung bei den Wählern: 59 Prozent der Hessen sind für einen Mindestlohn, 35 Prozent dagegen.

Auch in der Koalitionsfrage gibt es in Hessen eine starke Polarisierung. Schwarz-Gelb (gut: 40 Prozent; schlecht: 39 Prozent) erhält etwa genauso viel Zustimmung wie Rot-Grün (gut: 42 Prozent; schlecht: 42 Prozent). Doch beide Varianten sind nach dem Wahlergebnis sowieso nicht mehr möglich.

Wenn die SPD bei ihrer Linie bleibt, jede Form der Zusammenarbeit mit der Linken abzulehnen und die FDP ebenfalls nicht umschwenkt und bei ihrem Nein zu einer Ampelkoalition mit Sozialdemokraten und Grünen bleibt, bliebe nur eine große Koalition übrig. Die würden aber nur 27Prozent der Wähler in Hessen für eine gute Lösung halten.

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