Anschlag auf Gabrielle Giffords:Attentäter Loughner - jung, verwirrt und wütend

Einst war Jared Lee Loughner ein freundlicher Junge mit Musik-Talent, dann nahm sein Leben eine düstere Wendung: Er schrieb wirre Internetbotschaften und verließ das College, als man an seinem Geisteszustand zweifelte. Nun rätselt Amerika, was den Amokläufer von Tucson zu seinem Verbrechen getrieben hat.

Moritz Koch, New York

Bevor eine unbändige Wut von ihm Besitz ergriff, war Jared Lee Loughner ein freundlicher Junge mit braunem Wuschelkopf. Er spielte Saxofon, außerdem liebte er Computerspiele. Ein ganz normaler Junge. Erst vor ein paar Jahren nahm das Leben von Jared Loughner eine düstere Wendung. Er fing an, sich einen Terroristen zu nennen und stellte Videos ins Internet, in denen er Wahnvorstellungen verbreitete.

Anschlag auf Gabrielle Giffords: Er galt als Sonderling: Jared Lee Loughner, der Amokläufer von Arizona.

Er galt als Sonderling: Jared Lee Loughner, der Amokläufer von Arizona.

(Foto: AP)

Am Samstag zückte Loughner auf dem Parkplatz vor einem Supermarkt in Tucson, Arizona, eine halbautomatische Pistole und eröffnete das Feuer. Sechs Menschen tötete er, 14 weitere wurden von seinen Kugeln verwundet, darunter die Abgeordnete Gabrielle Giffords.

Schon wenige Stunden nach dem Attentat entzündete sich in den USA eine Debatte um das Motiv des 22-jährigen Täters. Ist er einfach ein Irrer? Oder ist er ein politischer Attentäter, aufgehetzt von den martialischen Parolen, mit denen die Republikaner und die ultrakonservative Tea-Party-Bewegung seit der Vereidigung von Präsident Barack Obama gegen die Demokraten zu Felde ziehen? Eine Antwort darauf gibt es nicht.

Doch am Sonntag kursierten erste Meldungen, wonach Loughner möglicherweise der rechtsradikalen Splittergruppe American Renaissance angehörte, sich als Denkfabrik ausgibt und die "Große Weiße Welle" bejubelt, die den demokratischen Kongress bei den Wahlen im Herbst vergangenen Jahres überspült habe. Die Schriften von American Renaissance richten sich gegen die Regierung, Schwarze und Juden. Auch dem deutschen Provokateur Thilo Sarrazin widmen sie sich. Giffords ist Demokratin, ihr Vater ist Jude. Sie könnte somit ins Hassprofil des Schützen gepasst haben.

"Niemand wollte neben ihm sitzen"

Loughners eigene Internetbotschaften sind jedoch wirr und enthalten kaum Hinweise auf ein politisches Motiv. Er verfüge über die Gabe zur Gedankenkontrolle, prahlt er. An anderer Stelle wendet er sich dem Goldstandard zu und entwirft Pläne für eine neue Währung: "Nein! Ich werde keine Schulden in einer Währung begleichen, die nicht durch Gold und Silber gedeckt ist." Selbst über die Struktur der englischen Grammatik lässt sich der Attentäter aus. Auch Hinweise auf Gewaltbereitschaft finden sich.

Am Pima Community College, wo Loughner studierte, wurden die Studenten auf seine merkwürdigen Ansichten aufmerksam. "Niemand wollte mehr neben ihm sitzen", erinnert sich einer von ihnen in der New York Times. Das College reagierte. Loughner wurde suspendiert. Er solle seinen Geisteszustand untersuchen lassen, lautete der Rat der Schule an seine Eltern. Loughner kehrte nie wieder an das College zurück.

Noch zu Schulzeiten war Loughner allenfalls durch sein musikalisches Talent aufgefallen. Er galt als unpolitisch, auch wenn er hin und wieder über die Bush-Regierung herzog. Ein Mitschüler erinnert sich, er habe Loughner eher dem linken Lager zugerechnet.

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