Amoklauf in Afghanistan:Staatsanwaltschaft hält Robert Bales für zurechnungsfähig

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Sieben Monate nach dem Amoklauf im südafghanischen Kandahar ist der US-Soldat Bales erstmals vor Gericht angehört worden. Die Staatsanwaltschaft hält den Angeklagten für zurechnungsfähig, die Verteidigung argumentiert, dass der Soldat sich an nichts erinnern könne.

Gut sieben Monate nach seinem mutmaßlichen Amoklauf mit 16 Toten in Afghanistan ist der US-Unteroffizier Robert Bales vor Gericht mit den Tatvorwürfen konfrontiert worden.

Die Staatsanwaltschaft habe dem 39-Jährigen bei einer Voranhörung am vergangenen Montag auf dem Militärstützpunkt Fort Lewis im Bundesstaat Washington vorgeworfen, die Zivilisten in der südafghanischen Provinz Kandahar in vollem Bewusstsein getötet zu haben, berichteten US-Medien. Unter den Opfern waren neun Kinder. Der Familienvater soll am 11. März gleich zweimal seinen Stützpunkt verlassen und Massaker in naheliegenden Dörfern angerichtet haben.

Die Staatsanwaltschaft erklärte, dass der Angeklagte "bei klarem Verstand" gewesen sei und die Tötungen gestanden habe. Staff Sergeant Bales habe in der Tatnacht Whisky getrunken und mit Kameraden einen gewalttätigen Film geschaut, ehe er zweimal von dem US-Außenposten im Bezirk Pandschwai (Panjwai) zu Massakern in umliegende Dörfer aufgebrochen sei.

Reichen die Beweise aus?

Die Verteidigung argumentiert dagegen, dass sich der zweifache Familienvater an nichts erinnern könne. Der Soldat sei bei einem früheren Einsatz im Irak am Kopf verletzt worden und leide unter einem posttraumatischen Stresssyndrom. Die Staatsanwaltschaft legt Bales 16-fachen Mord, versuchten Mord in sechs Fällen, Körperverletzung sowie Drogen- und Alkoholmissbrauch im Dienst zur Last.

In den kommenden Tagen sollen per Videokonferenz aus Afghanistan zugeschaltete Zeugen und Angehörige der Opfer aussagen. Bei der Anhörung wird darüber entschieden, ob die Beweise ausreichen, Bales vor ein Kriegsgericht zu stellen. Bei einer Verurteilung dort würde ihm die Todesstrafe drohen.

Bales' Frau Kari bekräftigte in einem Interview mit dem TV-Sender ABC, dass ihr Mann unschuldig sei. "Mein Mann hat das nicht getan", sagte sie in der am vergangenen Sonntag ausgestrahlten Sendung.

Die Staatsanwaltschaft erklärte bei der Anhörung am vergangenen Montag dagegen, dass der Angeklagte offenbar familiäre Probleme gehabt habe. Vor der Tat soll sich Bales bei einem Kameraden über sein Familienleben und seine "hässliche" Frau beklagt haben. Außerdem habe er sich frustriert über eine Bombenattacke in der Woche zuvor geäußert, bei der ein befreundeter Kamerad ein Bein verloren hatte.

"Es ist schlimm, wirklich schlimm"

Der Staatsanwaltschaft zufolge verließ Bales gegen Mitternacht das Lager und drang in zwei Häuser in einem südlich gelegenen Dorf ein. Im ersten Gebäude habe er einen Mann erschossen, während die anderen Bewohner über die Straße zu den Nachbarn geflüchtet seien. Bales habe sie verfolgt und drei weitere Menschen getötet. Sechs Zivilisten seien mit Schüssen ins Gesicht, in den Hals und in die Beine verletzt worden. Anschließend soll Bales in das Lager zurückgekehrt sein und mit einem anderen Soldaten über die Tat gesprochen haben. "Es ist schlimm, wirklich schlimm", soll der Angeklagte dem Kameraden gesagt haben, der ihm aber nicht geglaubt habe.

Dann brach Bales der Staatsanwaltschaft zufolge zum Massaker in einem anderen Dorf auf, bei dem er zwölf Menschen getötet haben soll. Unter den insgesamt 22 Toten und Verletzten seien 17 Frauen und Kinder gewesen.

Die Staatsanwaltschaft schilderte zu Beginn der auf etwa zwei Wochen angelegten Anhörung bislang unbekannte Details zu dem Vorfall. So würden in der afghanischen US-Basis aufgenommene Videobilder zeigen, wie Bales mit blutverschmierter Kleidung und Ausrüstung ins Camp zurückkehrte.

Die Verteidigung äußerte sich nicht zu der Anklage. Bales gab auch kein Schuldbekenntnis ab. Ein Anwalt hatte kurz nach der Tat angegeben, dass Bales psychische Probleme gehabt habe. Am Ende des Vorverfahrens wird entscheiden, ob es genügend Beweise für einen Prozess vor einem Militärgericht gibt.

© Süddeutsche.de/dapd/AFP/fzg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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