Amnesty International: Todesstrafenstatistik:Tödliche Bilanz

Amnestie International veröffentlicht die Todesstrafenstatistik für das Jahr 2009. In 18 Staaten wurden 714 Menschen hingerichtet. Die Dunkelziffer liegt viel höher.

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Todeskammer, dpa

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Auf den ersten Blick sieht es aus, als wäre ein großer Schritt in Richtung Abschaffung der Todesstrafe getan. Bei näherem Hinsehen folgt jedoch die Ernüchterung. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) hat die Statistik über die Todesstrafe im Jahr 2009 veröffentlicht. Und im Vergleich zu 2008 sind die Zahlen massiv gesunken. Waren es 2008 noch 2390 Menschen die hingerichtet wurden, werden für 2009 noch 714 vollstreckte Todesurteile angegeben. Dass so viel weniger Menschen hingerichtet wurden, liegt aber allein daran, dass AI für 2009 keine Zahlen aus der Volksrepublik China berücksichtigt, da hier keine zuverlässigen Angaben vorliegen. Die tatsächliche Anzahl der staatlichen Hinrichtungen dürfte also um einiges höher liegen. Außer China ahndeten 17 weitere Staaten im Jahr 2009 die unterschiedlichsten Straftaten mit der Todesstrafe. Oft werden Todesurteile auch als Mittel gegen politische Gegner eingesetzt. In der Todesstrafenstatistik finden sich neben totalitären Staaten wie Nordkorea auch westliche Demokratien und Urlaubsparadiese. Die Statistik in Bildern:

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Verhandlung in China, AFP

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China

In China dürften auch dieses Jahr wieder die meisten Menschen weltweit vom Staat hingerichtet worden sein. AI nimmt jedoch offizielle Zahlen aus Peking nicht in ihre Statistik auf. "Zahlen, die nur aus öffentlich zugänglichen Informationsquellen stammen, erfassen nicht das wahre Ausmaß der Todesstrafe in China", heißt es in dem Bericht. Offiziell sind 2008 sind 1718 Menschen in China hingerichtet worden. AI geht davon aus, dass die Zahl 2009 ähnlich hoch ist.

Vier Bankräuber wurden 2003 in Shenyang zum Tode verurteil. Foto: AFP

Majid Kavousifar, AFP

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Iran

In Iran sind laut dem Bericht mindestens 388 Menschen hingerichtet worden. Hier werden Todesurteile nicht nur wegen gewalttätiger Verbrechen wie Mord und Vergewaltigung, sondern zunehmend auch wegen weniger gravierenden Straftaten ausgesprochen. So droht die Todesstrafe unter Umständen bei bewaffneten Überfällen, Handel mit mehr als fünf Kilogramm Drogen und Ehebruch.

Auch wurden nach den Protesten gegen die Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad Demonstranten und Regimegegner zum Tode verurteilt.

Iran kennt mittelalterliche Hinrichtungspraktiken wie den Galgen oder die Steinigung.

Flagge des Irak, AP

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Irak

Im Irak wurde die Todesstrafe nach dem Sturz von Saddam Hussein im Jahr 2003 ausgesetzt. Allerdings nur kurzzeitig. Bereits im Folgejahr führte die Übergangsregierung die Strafe wieder ein. 2009 wurden im Irak mindestens 120 Menschen exekutiert. Amnesty International vermutet, dass mehr als 1000 Häftlinge in irakischen Gefängnissen sitzen, die zum Tode verurteilt sind.

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Riad, AP

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Saudi-Arabien

In Saudi-Arabien stehen besonders viele Delikte unter Todesstrafe. Neben Kriminaldelikten wie Mord, Vergewaltigung, bewaffneter Raubüberfall, Drogenhandel und Entführung auch Hochverrat, Ehebruch, Gotteslästerung und Hexerei. Seit 1988 können auch Sabotage-Akte mit der Todesstrafe geahndet werden. Saudi-Arabien ist abhängig von seinen Erdöl-Exporten und fürchtet Anschläge auf die Infrastruktur in diesem Sektor besonders. 2009 wurden mindestens 69 Menschen hingerichtet.

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Todestrakt, AP

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USA

Die älteste Demokratie der Welt steht auf einem der oberen Plätze der Todesstrafenstatistik. In 35 der 50 Bundesstaaten wird die Todesstrafe ausgeübt. Amnesty International kritisiert die Vereinigten Staaten besonders wegen Todesurteilen gegen Minderjährige, geistig Behinderte oder psychisch Kranke. Im Jahr 2009 sind in den USA 52 Menschen hingerichtet worden.

Todestrakt der Pontiac Correctional Institution, USA. Foto: AP

Gefangene im Jemen, AFP

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Jemen

Der Jemen hat laut AI bei mehr als 30 Menschen das Todesurteil vollstreckt. Im Juli 2009 wurde ein verurteilter Vergewaltiger und Kindsmörder öffentlich erschossen. Die Organisation geht davon aus, dass Hunderte weitere Menschen in Todestrakten auf ihre Exekution warten.

Somalische Piraten in einer Gefängniszelle in Sanaa. Die Staatsanwaltschaft fordert die Todesstrafe für die Entführung eines jemenitischen Schiffs. Foto: AFP

Flagge des Sudans, AFP

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Sudan

Im Sudan sollen 2009 mindestens neun Menschen hingerichtet worden sein. Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen. Amnesty International berichtet vom politisch motivierten Einsatz der Todesstrafe im Sudan. Außerdem würden international anerkannte Mindeststandards bei Gerichtsverfahren nicht eingehalten, die Gefangenen nach grob unfairen Verhandlungen verurteilt.

Foto: AFP

Flagge Vietnams, AFP

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Vietnam

Auch in Vietnam gilt die Todesstrafe. Mindestens neun Menschen sollen 2009 hingerichtet worden sein. Amnesty International geht aber davon aus, dass, wie bei den meisten anderen Staaten in der Statistik auch, weitaus mehr Menschen getötet worden sind.

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Damaskus, AFP

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Syrien

In Syrien wurden laut Amnesty International mindestens acht Todesurtele vollstreckt.

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Flagge Japans, AP

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Japan

In Japan unternimmt die Regierung gerade erste Schritte in Richtung Abschaffung der Todesstrafe. Die Justizministerin Keiko Chiba ist erklärte Gegnerin der Todesstrafe. Das könnte eine äußerst unpopuläre Entscheidung werden. Denn laut Amnesty International sprechen sich 85 Prozent der Bevölkerung in Japan für die Todesstrafe aus. 2009 wurden sieben Menschen hingerichtet. In Japan können unter anderem Vergehen wie Mord, Vergewaltigung oder vorsätzliche Zerstörung bewohnter Gebäude und militärische Unterstützung eines fremden Staates mit der Todesstrafe geahndet werden.

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Kairo, dpa

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Ägypten

In dem nordafrikanischen Staat sind 2009 mindestens fünf Todesurteile vollstreckt worden. Die Anwendung der Todesstrafe ist in Ägypten in der Diskussion. 2008 setzten sich Richter und Juristen dafür ein, dass Vergehen, die mit der Todesstrafe geahndet werden können, begrenzt werden. Bei der Abstimmung der UN-Vollversammlung zur Resolution über ein weltweites Moratorium für Hinrichtungen, stimmte Ägypten allerdings mit einem Nein.

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Muammar al Gaddafi, Reuters

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Libyen

Revolutionsführer Muammar el Gaddafi herrscht über ein Land, in dem Menschen zum Tode verurteilt werden. 2009 wurden mindestens vier Todesurteile vollstreckt.

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Flagge von Bangladesh, Reuters

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Bangladesch

In dem südasiatischen Staat wurden 2009 drei Menschen hingerichtet. 2010 liegt die Zahl der staatlichen Exekutionen bereits höher. Im Januar dieses Jahres wurden Todesurteile gegen fünf ehemalige Offiziere vollstreckt, wegen der Ermordung des Staatsgründers und ersten Präsidenten des Landes, Sheikh Mujibur Rahman. Die Tat liegt mehr als 34 Jahre zurück.

Foto: Reuters

Spritze, dpa

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Thailand

In Thailand wurden 2009 zum ersten Mal seit sechs Jahren Menschen hingerichtet. Die beiden Verurteilten hatten gegen Drogengesetze verstoßen und wurden mit der Giftspritze getötet. Die Verurteilten sollen Presseberichten zufolge, erst eine Stunde vor der Exekution über ihre Hinrichtung in Kenntnis gesetzt worden sein.

In Botswana und Singapur ist jeweils ein Mensch hingerichtet worden. Amnesty International nimmt außerdem Malaysia und Nordkorea in die Todesstrafenstatistik mit auf, allerdings ohne eine Angabe zur Anzahl der Getöteten machen zu können.

Foto: dpa (suedeutsche.de/sewo)

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