Amerikas mächtigste Wählergruppen:Die politische DNA der USA

Hat Romney bei den Hispanics eine Chance? Kann Obama die weiße Mittelschicht abschreiben? Und wozu tendieren die Afroamerikaner? Der US-Wahlkampf von Republikanern und Demokraten ist auf Wählergruppen ausgerichtet. Die wichtigsten im Überblick.

Sebastian Gierke

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Mayor Bloomberg Aims For Third Term In New York City Mayoral Election

Quelle: AFP

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Hat Romney bei den Hispanics eine Chance? Kann Obama die weiße Mittelschicht abschreiben? Und wozu tendieren die Afroamerikaner? Der US-Wahlkampf von Republikanern und Demokraten ist auf bestimmte Wählergruppen ausgerichtet. Wir stellen die wichtigsten vor.

Am 6. November wird in Amerika der Präsident gewählt - bis dahin wird um jeden Unentschlossenen gekämpft. Spezialisierte Beratungsfirmen spüren sie im Auftrag der Parteien auf, ordnen sie in Wählergruppen ein und erstellen so die politische DNA der Vereinigten Staaten. Auch wenn die Zugehörigkeit zu einer Wählergruppe für sich genommen nicht eindeutig sein kann, es Überschneidungen gibt und Ausnahmen, ist sie doch ein wichtiger Indikator für das mögliche Wahlverhalten.

Americans Go To The Polls To Elect The Next U.S. President

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Afroamerikaner

Ein bisschen neidisch blickten viele Afroamerikaner während der ersten Amtszeit von Barack Obama auf andere Wählergruppen. Auf Wählergruppen, für die der erste schwarze Präsident der Vereinigten Staaten mehr tat als für sie.

Einige sprachen das auch öffentlich an: Kann es sein, dass sich Obama unserer Stimmen so sicher ist, dass er glaubt, nichts dafür tun zu müssen, fragten sie. Kann er dieses Risiko eingehen? Ja, er kann. Vor vier Jahren stimmten 95 Prozent der Afroamerikaner (im Bild der Jubel auf einer Wahlparty 2008), die ihre Stimme abgaben, für ihn. Aktuelle Umfragen zeigen, dass sich daran bei dieser Wahl kaum etwas ändern wird.

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Hispanics

Spanisch ist gerade ziemlich angesagt im politischen Amerika. Immer wieder versucht sich der Präsident (hier auf einer Veranstaltung des Congressional Hispanic Caucus) an ein paar Sprachbrocken. Und sein republikanischer Herausforderer Mitt Romney betont gerne, dass sein Vater in Mexiko geboren wurde. Sogar einen TV-Spot auf Spanisch widmete er dem Thema, auch wenn er zugeben musste, dass sein Vater George zwar in Mexiko (in einer Mormonen-Kolonie) auf die Welt kam, aber niemals Spanisch sprach.

Um die Stimmen der Wähler lateinamerikanischer Abstammung, der am schnellsten wachsenden ethnischen Gruppe, ist ein harter Kampf entbrannt. Das liegt vor allem an Florida, wo die Hispanics einen wichtigen Wählerblock stellen. In Florida könnte sich die Wahl entscheiden.

Mitt Romney, Craig Romney

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Trotz des Geburtsortes seines Vaters tut sich Mitt Romney schwer, die Hispanics von sich zu überzeugen.Traditionell sind sie eher auf Seiten der Demokraten, nur 31 Prozent gaben im Jahr 2008 John McCain ihre Stimme. Doch der Anteil der Unentschlossenen ist bei ihnen vergleichsweise groß. Eine Umfrage der konservativen Wahlforschungsorganisation Resurgent Republic hat außerdem ergeben, dass die Wirtschaft bei der Wahlentscheidung der meisten Hispanics die wichtigste Rolle spielt. Mitt Romney erklärt deshalb auch bei jeder Gelegenheit, dass Obamas Wirtschaftspolitik vor allem für Einwanderer große Einbußen zur Folge gehabt hätte.

Im Bild ist Mitt Romney zusammen mit seinem Sohn Craig auf dem "Hispanic Leadership Network" in Florida zu sehen.

Mitt Romney

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Mittelschicht

Sie wohnen in den Vororten der großen Städte, haben im Durchschnitt knapp zwei Kinder, sind in der Regel weiß und wählen: überwiegend die Republikaner. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Demokraten die Mittelschicht aufgeben würden. Sechs Millionen Dollar haben sie für einen TV-Spot ausgegeben, der während der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele im US-Fernsehen gezeigt wurde. "Ich glaube fest daran, dass es gut ist, für die Mittelklasse zu kämpfen, denn wenn es der Mittelklasse gut geht, dann geht es uns allen gut", sagt Obama dort. Er weiß: Wenn er bei dieser Wählergruppe seinen Rückstand in den swing states in Grenzen halten kann, hat sein Herausforderer Mitt Romney kaum eine Chance. Dann wird er diese Staaten gewinnen - durch den Vorsprung bei Hispanics und Afroamerikanern.

2008 stimmten 55 Prozent der Weißen für McCain. Hier muss Romney zulegen. Auch weil der Anteil der Weißen unter den Wählern zurückgeht. 2008 waren es 74 Prozent - im Jahr 2000 noch 81 Prozent.

Im Bild: Mitt Romney kauft in einem Vorort ein - und hat dazu auch gleich ein paar Fotografen einbestellt.

Mitt Romney auf Wahlkampf-Besuch bei der weißen Arbeiterklasse

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Weiße Arbeiterklasse

Noch in den 1990er Jahren meist eine sichere Bank für die Demokraten, hat sich die weiße Arbeiterklasse in den vergangenen zehn Jahren langsam aber stetig den Republikanern zugewandt. Der Höhepunkt waren die Halbzeitwahlen im Jahr 2010: Die Republikaner gewannen damals bei den Wählern aus der sogenannten working class, bei Frauen und Männer ohne College-Abschluss und mit durchschnittlichen Einkommen, 30 Prozentpunkte hinzu.

Ford Debuts New Taurus, Made In Chicago Plant

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Das war vor allem ein Erfolg der ultrakonservativen Tea Party. Der Multimillionär Mitt Romney hat es dagegen ungleich schwerer, Arbeiter für sich zu begeistern.

In Staaten wie Ohio, Michigan und Pennsylvania, die Obama 2008 gewann, in denen das Rennen aber stets offen ist, könnte diese Wählergruppe eine entscheidende Rolle spielen. In einer Umfrage aus dem Mai 2012 im "Rostgürtel", dem Industriegebiet im Nordosten der USA, das stark unter der Wirtschaftskrise litt, lagen die Republikaner mit 44 Prozent zu 30 Prozent vorne. 70 Prozent der Arbeiter dort glauben demnach, dass Amerika sich in die falsche Richtung entwickelt.

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Junge Erwachsene

Die Jungen bereiten den Republikanern Kopfzerbrechen. 80 Prozent der 18- bis 29-jährigen können laut Umfragen nichts mit Mitt Romney anfangen. Schon John McCain hatte in dieser Wählergruppe Probleme: Nur ein Drittel der jungen Erwachsenen stimmte 2008 für ihn. Obama war es vor vier Jahren gelungen, die Jugend zu begeistern. Noch nie gingen so viele Bürger aus dieser Altersgruppe wählen, die jungen Erwachsenen waren die einzige Wählergruppe, die wuchs. Und obwohl sich damals nur 33 Prozent von ihnen selbst als Demokraten bezeichneten, stimmten 54 Prozent für den demokratischen Kandidaten. Doch 2012 ist die Euphorie abgeflaut, die Zustimmungsrate bei den jungen Wählern ist vor allem aufgrund der unsicheren wirtschaftlichen Lage von 84 Prozent auf unter 55 Prozent gesunken, wie eine Umfrage des Wall Street Journal (WSJ) ergeben hat.

Obama Holds Campaign Event At Virginia High School

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Obama wird viel investieren müssen, um die Wähler dieser Altersgruppe wieder zu mobilisieren. "Die Jungen sind ein entscheidender Wählerblock", sagte Trey Grayson, Direktor des Politikinstituts der Harvard University im WSJ. Auch Romney muss bei ihnen besser abschneiden als McCain. "Nur dann könnte er einige der wichtigen swing states gewinnen", so Graysons Einschätzung. 

Obama Takes Two-Day Campaign Swing Through Colorado

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Frauen

Afroamerikaner, Hispanics, junge Erwachsene und die Frauen. Das sind die Wählergruppen, auf sich Barack Obama 2008 verlassen konnte. 70 Prozent der Single-Frauen wählten ihn. Und immerhin noch 47 Prozent der Verheirateten. Auch in aktuellen Umfragen liegt der Präsident bei der weiblichen Wählerschaft vorne. In einigen besonders umkämpften Staaten könnten die Frauen für die Entscheidung zugunsten des Demokraten sorgen. Barack Obama legt auch in diesem Wahlkampf wieder viel Wert darauf, Themen, die Frauen bewegen, in den Vordergrund zu stellen. Es geht dann um Gleichstellung, Bildung, Gesundheitsversorgung.

Barack Obama, Sandra Fluke

Quelle: AP

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Mitt Romneys restriktive Haltung zu den Streitthemen Abtreibung und Verhütung macht ihn bei vielen Frauen unbeliebt. Die Demokraten legen immer wieder den Finger in diese Wunde, bezeichnen die Einstellung Romneys als "war on women". Und Obama nimmt Sandra Fluke (im Bild), die wegen ihres Einsatzes für die Bezahlung von Empfängnisverhütung durch Krankenversicherungen von einem rechten Radiomoderator beleidigt wurde, mit auf Wahlkampftour. Doch gerade sein großer Vorsprung bei Single-Frauen, einer der am schnellsten wachsenden demografischen Gruppe, könnte signifikant schmelzen. Zahlen der New York Times zeigen, dass vor allem sie unter der Wirtschaftskrise litten. Außerdem kommt Ann Romney, die Frau des republikanischen Kandidaten, vor allem bei weißen Frauen der Mittelschicht gut an.

File photo of Avila, active duty gunners mate 2nd class U.S. Navy, receiving a punch in arm from former EN2 U.S. Navy's Cordero in San Diego

Quelle: REUTERS

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Schwule und Lesben

Als sich Barack Obama im Mai 2012 erstmals öffentlich für die Homo-Ehe starkmachte, war das ein historischer Wendepunkt in der Diskussion um die Rechte Homosexueller in den USA - aber auch ein wichtiger Wahlkampfauftritt. In den USA gibt es mittlerweile eine knappe Mehrheit für die Schwulenehe. Außerdem sind Lesben und Schwule in einem engen Wahlkampf eine wichtige Wählergruppe, gehören darüber hinaus zu den wichtigsten Spendern der Demokratischen Partei. Doch seine Haltung zur Homo-Ehe birgt auch große Risiken für Obama. Kaum ein Thema polarisiert in den USA stärker, es birgt hohes Mobilisierungspotenzial für die Konservativen.

Newt Gingrich Campaigns In Florida On Final Weekend Before Primary

Quelle: AFP

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Evangelikale

Weiß, religiös, konservativ: Die Evangelikalen sind eine große, loyale und gut organisierte republikanische Wählergruppe. Doch so homogen, wie es für Außenstehende scheint, ist sie nicht. Beliefnet, eine Internetseite, die konfessionsübergreifend Informationen zu Religion und Glauben anbietet, hat zwölf verschiedene Richtungen identifiziert, zum Beispiel die Religiöse Rechte, für die den Glaube im Mittelpunkt stellt, oder die "White Bread Protestants", die ihre politischen Ansichten vor allem mit der wirtschaftlichen Situation begründen. Gemeinsam haben alle Gruppen, dass ihre Mitglieder so gut wie nie die Demokraten wählen. Obama wird von ihren Predigern sogar ab und an mit dem Teufel verglichen.

© Süddeutsche.de/joku/mikö/rus
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