Altersversorgung:Reize für die Rente

Die niedrigen Zinsen machen es Unternehmen schwerer, Pensionszusagen für ihre Mitarbeiter zu erfüllen. Finanzminister Wolfgang Schäuble will darum Betriebsrenten steuerlich fördern - besonders für Niedrigverdiener.

Von Cerstin Gammelin , Berlin

Der Streit um die künftige Altersvorsorge in Deutschland ist am Montag erneut befeuert worden. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kündigte auf einer Veranstaltung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks an, die betriebliche Altersvorsorge in Deutschland auch mit steuerlichen Anreizen fördern zu wollen. Die Pläne der großen Koalition zur Rente "werden auch steuerliche Maßnahmen beinhalten", sagte Schäuble. Gefördert werden müssten insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sowie "unterdurchschnittlich verdienende Arbeitnehmer". Derzeit arbeitet das Bundesfinanzministerium gemeinsam mit dem Haus von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) an einem Konzept, man sei in der "letzten Phase".

Schäuble bestätigte noch einmal, dass alle drei Säulen, also die gesetzliche, die private und die betriebliche Altersvorsorge, langfristig verstärkt werden müssten, um die Herausforderungen der künftigen Altersvorsorge zu bewältigen. Es gebe Handlungsbedarf, und die Koalition reagiere, sagte er. Der Minister erinnerte erneut daran, dass die jüngsten geldpolitischen Entwicklungen dazu beitrügen, dass sicher geglaubte Vorsorgekonzepte ins Wanken gerieten. Die anhaltend niedrigen Zinsen machten Lebensversicherern zu schaffen und schlügen auch bei Angeboten der privaten und betrieblichen Altersvorsorge zu Buche, sagte der Minister. Auch Unternehmer seien belastet, sie müssten wegen der sehr niedrigen Zinsen mehr Geld zurücklegen, um die Zusagen aus den Pensionsverpflichtungen erfüllen zu können.

In der Regierungskoalition wird derzeit über neue Varianten der Alterssicherung diskutiert. Im Gespräch ist auch, dass Arbeitgeber verpflichtet werden könnten, ihren Beschäftigten Angebote für eine betriebliche Altersvorsorge zu machen. Geringverdiener könnten mit einem Förderbetrag stärker als bisher unterstützt werden. Kleine und mittlere Unternehmen könnten die Risiken etwa durch gemeinsame Stützungsfonds teilen. Betriebsrenten sollen stärker in Tarifverträgen verankert werden.

Wie viele Menschen sind von Altersarmut bedroht? Es gibt Kritik an den Berechnungen

Der Wirtschaftsrat der Union warnte am Montag in Berlin vor "tagespolitischer Kurzatmigkeit" in der Rentendebatte. Generalsekretär Wolfgang Steiger sagte, eine Garantieerklärung für die Riester-Rente sei jetzt ein "richtiges Signal gegen Verunsicherung". Der Wirtschaftsrat unterstützt die jüngsten Erklärungen der Bundesregierung zur Riester-Rente. Arbeitsministerin Nahles habe "die richtigen Signale gegen die Verunsicherung durch das Schlechtreden der Riester-Rente gesetzt", sagte Steiger. Rentenpolitik werde für Generationen gemacht und dürfe nicht so schnell infrage gestellt werden. Die Riester-Rente sei ein wichtiger Durchbruch zu mehr privater Vorsorge gewesen, sagte Steiger. Ihre Renditen blieben derzeit wie bei vielen Lebensversicherungen hinter den Erwartungen zurück, weil die Niedrigzinspolitik deutliche Spuren hinterlasse.

Der Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen warnt am Montag zudem davor, mit der Rente in den Bundestagswahlkampf zu ziehen. Es sei falsch, dass 50 Prozent der Alten von Armut bedroht seien, sagte Raffelhüschen am Montag im Deutschlandfunk. Nach seinen Berechnungen wird die Altersarmut von derzeit drei Prozent auf allenfalls fünf Prozent steigen. Armutsgefährdet seien jedoch nicht die Alten, sondern Niedrigverdiener und ihre Kinder. Auch Raffelhüschen verteidigte die private Zusatzvorsorge durch die Riester-Rente, die "in vielen Facetten" funktioniere.

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