Alice Schwarzer:Ein Männerbund für den Frauenturm

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident und der Kölner OB hofieren Alice Schwarzer - und wecken Misstrauen, ob das so in Ordnung ist.

Hans-Jörg Heims

So hat sich das Alice Schwarzer, 63, immer gewünscht. Männer tun etwas für Frauen. Um Deutschlands bekannteste Frauenrechtlerin werden sich am heutigen Donerstag gleich zwei Männer besonders bemühen.

Schwarzer, dpa

Neue Verbündete unter alten Gegnern: Emma ist im Kölner Bayenturm untergebracht.

(Foto: Foto: dpa)

Das Erstaunliche daran ist, dass es zwei CDU-Politiker sein werden, also Vertreter jener Partei, der Schwarzers Kampf für mehr Gleichberechtigung lange Zeit ziemlich suspekt war. Andererseits erlebt sie, dass sie auf einstige Verbündete, zum Beispiel bei den Grünen, nicht mehr zählen kann.

Von einer Sparklausur seines Kabinetts auf dem Bonner Petersberg kommt Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) nach Köln, um der Emma-Herausgeberin namens des Bundespräsidenten das Verdienstkreuz Erster Klasse zu verleihen. Die Feierstunde findet im Bayenturm statt, der im Mittelalter die südliche Ecke der Kölner Stadtmauer bildete. Wer den Turm besetzte, hatte die Macht in der Stadt.

Aber das war nicht unbedingt ausschlaggebend für Alice Schwarzer, als sie sich 1988 auf der Suche nach einer neuen Bleibe für ein Frauenarchiv an den damaligen Oberstadtdirektor Kurt Rossa wandte. "Ein Turm für Frauen allein", jubelte Schwarzer schließlich nach dem Einzug im Sommer 1994.

In dem historischen Bauwerk mit Rheinblick arbeitet inzwischen auch die Emma-Redaktion. Ferner beherbergt das mittelalterliche Gemäuer das Archiv und Dokumentationszentrum, von dem Alice Schwarzer stolz sagt, es sei das besterschlossene Infozentrum zu Frauenfragen im deutschsprachigen Raum.

In finanziellen Schwierigkeiten

Das mag stimmen. Der gute Ruf der gemeinnützigen Stiftung FrauenMediaTurm (FMT) allein reicht jedoch nicht, denn die Einrichtung steckt ungeachtet privater Spenden und ehrenamtlicher Arbeit in finanziellen Schwierigkeiten.

Die sind inzwischen so groß, dass sich Alice Schwarzer an Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) mit der Bitte wandte, ob die Stadt die vereinbarte Pacht von derzeit jährlich 14.500 Euro auf den symbolischen Betrag von einem Euro reduzieren könne.

Ein Männerbund für den Frauenturm

Schließlich stehe die Erlassung des Pachtzinses in keinem Verhältnis zu dem Nutzen durch die Stadt und zur Bereicherung des Renommees des Medienstandorts Köln, verteidigte Schwarzer das Anliegen.

Schwarzer, AP

Die berühmteste Kölnerin? Alice Schwarzer

(Foto: Foto: AP)

Bis 2024 läuft noch der Erbbaurechtsvertrag, was bedeuten würde, dass dem Kämmerer 300.000 Euro verloren gingen. Als die Städte noch reich waren, wäre der Verzicht auf einen solchen - auf die lange Zeit gesehen läppischen - Betrag zu verschmerzen gewesen.

Doch auch Köln drücken immense Schulden, und eine Lex Schwarzer würde wohl umgehend Begehrlichkeiten bei anderen von öffentlicher Sparsamkeit betroffenen Einrichtungen auslösen.

Vergleich mit dem Karneval

Doch Fritz Schramma will großzügig sein und hat die Bitte der prominenten und hoch geehrten Bürgerin per Vorlage auf den Verwaltungsweg geschickt. Aus dem Frauenamt bekam das Stadtoberhaupt natürlich prompt Unterstützung. Der Verzicht sei gerechtfertigt, schließlich habe Schwarzer als bekannteste Kölnerin mit ihren Aktivitäten immer wieder weltweit für die Stadt geworben, schrieb die Behörde.

Freilich, wenn sich heute der Liegenschaftsausschuss mit der Sache befasst, wird Schramma eine Niederlage erleiden. Denn der Oberbürgermeister hat derzeit keine Mehrheit im Rat. CDU und SPD haben sich über die Besetzung von Managerposten bei städtischen Unternehmen derart zerstritten, dass sie ihre große Koalition Anfang November nach nur zehn Monaten aufkündigten.

Ein neues regierungsfähiges Bündnis hat sich noch nicht gefunden, weil SPD und Grüne zwar zusammenarbeiten wollen, eine Mehrheit aber nur mit der FDP zustande käme. Die Liberalen allerdings wollen lieber mit der CDU und den Grünen eine Koalition bilden.

"Andere müssen auch Miete zahlen"

Doch da macht die Öko-Partei nicht mit. Beim Treffen mit den Geschäftsführern der Fraktion am Mittwoch erteilten aber nicht nur SPD und Grüne Schrammas Vorlage eine Absage, auch die CDU hält einen Verzicht auf die Zahlungen durch FMT für nicht gerechtfertigt. "Andere müssen auch Miete zahlen", sagt Jörg Frank, Fraktionsvize der Grünen im Rat.

Weil Schramma sich für den Frauen-Turm so einsetzt, steht er nun im Verdacht, eine besondere Art des feministischen Klüngels zu betreiben. Das heißt, es wird gefragt, was das Stadtoberhaupt wohl von Schwarzer dafür versprochen bekommen hat, wenn er sich so für die Ein-Euro-Pacht einsetzt.

Alice Schwarzer weist solche Unterstellungen in der von ihr bekannten kämpferischen Art von sich. Die Stadt beherberge seit 1994 ein in dieser Qualität einmaliges Facharchiv für Frauenfragen in ihren Mauern, das sie bisher nicht einen Cent gekostet habe, rechnet sie vor.

Mehr als eine Million Euro habe die Stiftung beim Einzug in den Innenausbau gesteckt. 2024 soll der historische Turm dann renoviert werden, wofür FMT bereits eine Rücklage gebildet habe. Und schließlich erlaubt sich die streitfreudige Frau eine für Kölner Verhältnisse heikle Frage: "Was haben die diversen Karnevalsvereine in die von ihnen seit Jahren genutzten historischen Türme investiert?"

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