Al-Qaida:Virtuelle Terrorcamps auf Deutsch

BKA und Innenministerium warnen vor einer erhöhten Terrorgefahr in Deutschland. Anlass sind Hinweise auf geplante Anschläge und deutschsprachiger Terrorismusunterricht im Netz.

Das Bundesinnenministerium sieht in der erhöhten Terrorgefahr für Deutschland eine neue Qualität der Bedrohung. Es gebe Belege, dass Deutschland in das "Zentrum des Fadenkreuzes" des Terrornetzwerks al-Qaida gerückt sei, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Stefan Paris. Dabei verfolge al-Qaida eine klare Planung.

Al-Qaida: Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble

(Foto: Foto: dpa)

Ministeriumssprecher Paris betonte außerdem, es gebe bei der Terroristen-Werbung im Netz mehr deutsche Untertitel und deutsche Sprache. In einem 16 Stunden langen Film, der im Januar in einem Internetforum entdeckt worden sei, werde per abgefilmtem Frontalunterricht der Bau einer funktionstüchtigen Bombe gelehrt. Al-Qaida wolle Extremisten damit zum Terror bewegen. Die neue Internetpropaganda ziele auf Radikalisierung, Rekrutierung von Extremisten auch aus Deutschland und die Verbreitung von Terrortechnik und rechtfertige neue Warnungen.

Das Bundesinnenministerium hob allerdings hervor, dass es anders als im vergangenen Sommer keine Anhaltspunkte für eine konkrete Gruppe von Verdächtigen gebe. Damals waren wochenlang Terrorverdächtige bei ihren Anschlagsplanungen observiert und dann im Sauerland festgenommen worden.

Zugleich versicherte der Sprecher von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), dass die Warnungen nicht das Ziel hätten, "Angst und Panik" zu schüren. Es gehe auch nicht darum, "durch die Hintertür" andere Ziele wie etwa umstrittene Maßnahmen aus dem geplanten BKA-Gesetz durchzusetzen.

Die Öffentlichkeit habe vielmehr ein Recht darauf, informiert zu werden. Er verwies erneut auf die Bemühungen, Attentäter gezielt auf Deutsch und in Deutschland zu werben.

Der mit Terrorabwehr im Innenministerium betraute Staatssekretär August Hanning hatte zuvor gesagt, dass bei den Führern im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet die Entscheidung gefallen sei, "in Deutschland Anschläge zu verüben". "Wir haben die Sorge, dass wir künftig nicht mehr jede Operation verhindern können", sagte Hanning der Welt vom Freitag.

Nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes (BKA) und des Bundesamtes für Verfassungsschutz habe der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr dazu geführt, dass Deutschland in der Hierarchie der Anschlagsziele weit nach oben gerückt sei, berichtete die Zeitung weiter.

Hintergrund der Warnungen ist dem Bericht zufolge die Entwicklung im südlichen Afghanistan. Die durch den US-geführten Anti-Terror-Einsatz "Enduring Freedom" vorübergehend geschwächte "operative Fähigkeit" al-Qaidas sei wiederhergestellt, sagte Hanning. Ganz gezielt würden aus dieser Region Muslime aus Deutschland geworben, um sie in Trainingslagern zu Gotteskriegern auszubilden. Dann würden die Männer, oft Konvertiten oder junge Türken, zurück nach Deutschland geschickt.

Auch BKA-Vizechef Bernhard Falk hob demnach mit Blick auf Al-Qaida hervor: "Wir haben Hinweise, dass es neben den Planungen der Sauerland-Attentäter mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere Planungsstränge gibt." Das BKA und die Länder führen dem Bericht zufolge bereits jetzt 184 Ermittlungsverfahren gegen militante Islamisten. 70 Menschen würden als "Gefährder" eingestuft und von der Polizei rund um die Uhr überwacht.

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