Al-Qaida-Chef Osama bin Laden:Der Tod des Teufels

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Sein Gesicht zierte T-Shirts und Teetassen: Osama bin Laden war der mächtigste Ideologe des noch jungen 21. Jahrhunderts. Die USA haben es zugelassen, den Kampf gegen den Terrorismus zum Duell mit dem Al-Qaida-Führer zu reduzieren - doch dieses Problem ist mit bin Ladens Tod nicht gelöst.

Stefan Kornelius

Sie wollten seines Leibes habhaft werden, den Leibhaftigen fassen und vorführen, weil nur so der Dämon gebändigt werden konnte: Osama bin Laden war dieser Teufel, dieser Leibhaftige - nicht nur für die Amerikaner und die Opfer des islamistischen Terrors der letzten Dekade.

Nicht nur in der thailändischen Hauptstadt Bangkok werden T-Shirts mit dem Konterfei von Osama bin Laden angeboten. Der getötete Al-Qaida-Chef war  eine Ikone des islamistischen Terrors - und wird nur langsam im Bewusstsein auch der jungen Dschihaddisten verblassen. (Foto: AP)

Kein mächtigeres Symbol kannte die Welt für den Terror als den Kopf des Bärtigen, der auf T-Shirts gedruckt wurde und auf Teetassen. Ein Mann gegen Amerika, ein Anführer des Hasses auf alle Nichtgläubige, eine Ikone des Totalitarismus. Denn nichts anderes war Osama bin Laden: Der mächtigste Ideologe des noch jungen 21. Jahrhunderts, die Sehnsuchtsfigur der Islamisten für ihren Gottesstaat.

Derart aufgeladen war Osama bin Laden als Symbol, dass er seine Wirkung auch als Toter noch eine ganze Weile lang entfalten wird. Denn al-Qaida brauchte ihn nicht mehr als operative Führungsfigur, al-Qaida brauchte ihn als Aufdruck auf den T-Shirts.

Die Verblendung lebt fort

Der Tod bringt lediglich Gewissheit, dass er die Bewegung nicht mehr anheizen kann mit Botschaften, dass seine geheimnissumwitterte Existenz nicht mehr zur Mythenbildung taugt. Die Figur aber wird nur langsam im Bewusstsein auch der jungen Dschihaddisten verblassen. Aus dem Scheich wurde nun der Märtyrer - die Verblendung lebt fort.

Osama bin Ladens fanatischer, gewaltbereiter Islamismus war eine Zeiterscheinung, die um die Jahrtausendwende deswegen an Kraft gewinnen konnte, weil die Umstände der Geschichte dies ermöglichten: Die USA waren die kraftstrotzende, systemsetzende Weltmacht, die Globalisierung veränderte das Leben selbst in den Dörfern Pakistans und Afghanistans, der Islam geriet unter den Druck der Säkularen, nicht weniger wie die anderen Weltreligionen auch.

Bin Laden machte sich das Gefühl der Unterdrückung und der Ohnmacht zunutze, er mobilisierte die verblendet Religiösen und die Modernitätsverweigerer. Und er fand in den USA das ideale Ziel, mit dessen Hilfe seine Bewegung aufgeladen werden konnte.

Der damalige Präsident George W. Bush reagierte nach Drehbuch und ließ sich auf einen Krieg ein, den er nie gewinnen konnte. So wurde Amerika geschwächt, und Bush Nachfolger Obama ist es, der den geordneten Rückzug aus der globalen Führungsrolle dirigiert.

Die USA selbst haben zur Ikonisierung Osamas beigetragen, weil sie viel zu lange ihren Kampf gegen den Terrorismus auf ein Duell mit dem Al-Qaida-Anführer reduzierten. Die öffentliche Stimmung verlangte danach, und die am Ground Zero und vor dem Weißen Haus in dieser Todesnacht herausgeschriene Genugtuung zeugt davon, dass nicht nur in Amerika das Rachebedürfnis tief wurzelte.

Nun, da der Mann tot ist, schließt sich symbolhaft ein gewalttätiges Kapitel der Weltgeschichte. Wirklich enden wird die Geschichte aber auch diesmal nicht.

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