Aktuelles Lexikon:Bananenrepublik

Wer ein Land als Bananenrepublik bezeichnet, der ärgert sich meist über bestechliche Politiker. Beim türkischen Präsidenten Erdoğan liegen die Dinge anders. Er verwendet den Begriff gegen die Niederlande.

Von Christian Gschwendtner

Wer ein Land als Bananenrepublik bezeichnet, der ärgert sich meist über bestechliche Politiker. Beim türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan liegen die Dinge anders. Er hat den Schmähbegriff nun gegen die Niederlande verwendet, weil seine Minister dort nicht auftreten dürfen. Das ist ungewöhnlich. Als Bananenrepubliken wurden lange Zeit nur kleine Länder in den tropischen Gebieten Amerikas bezeichnet. Sie zeichneten sich dadurch aus, dass sie fast nur vom Export ihrer Früchte lebten und stark von US-amerikanischem Kapital abhängig waren - eine Zuschreibung, die lange Zeit auf Ecuador, Costa Rica und Guatemala zutraf. Die Macht der amerikanischen United Fruit Company reichte dort bis in die 1950er Jahre aus, um gewählte Regierungen wegputschen zu lassen oder Invasionen zu starten. Die erste Bananenrepublik, die sich erfolgreich dagegen wehrte, war Kuba. Heute ist auch Costa Rica stolz darauf, den Wandel von der Bananenrepublik zur Touristendestination geschafft zu haben. Eigentlich liegt der Ursprung von Bananen aber in Südostasien und Indien. Dort galt sie als Speise der Weisen. In den Niederlanden spielte die "wohlschmeckende längliche, gelbe Frucht einer baumähnlichen Staude" (Meyers) in der Politik bisher keine Rolle. Immerhin forderte Erdoğan keine Invasion, sondern "diplomatische Sanktionen" gegen die Niederlande, was immer er damit gemeint haben mag.

© SZ vom 14.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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