Agrarindustrie:Anklage wegen Tötung von männlichen Küken

In Münster geht erstmals eine Staatsanwaltschaft gegen das millionenfache Schreddern und Vergasen von Legehennen-Nachkommen vor. Tierschützer begrüßen das als "historischen Durchbruch".

Erstmals hat eine Staatsanwaltschaft Anklage gegen eine Brüterei wegen des massenhaften Tötens männlicher Eintagsküken erhoben. Betroffen ist eine Firma aus dem Münsterland, wie der Spiegel berichtet. Die Staatsanwaltschaft Münster will den Fall demnach, wenn nötig, bis zum Bundesgerichtshof tragen. Hintergrund der Kükentötung ist, dass die Agrarindustrie für männliche Nachkommen der Legehuhnrassen keine Verwendung hat, sie legen weder Eier noch setzen sie gut Fleisch an. Deswegen werden bundesweit Millionen von ihnen geschreddert oder vergast. Da die Behörden diese Praxis dulden, wurde den Brütereien bisher meist ein sogenannter Verbotsirrtum zugebilligt, weshalb sie straflos blieben. Im aktuellen Fall kann sich die Brüterei aus Sicht der Ankläger aber nicht mehr darauf berufen, das Töten für rechtmäßig gehalten zu haben - das Unternehmen sei spätestens seit 2013 durch eine Strafanzeige der Tierschutzorganisation Peta über die Unrechtmäßigkeit seines Tuns informiert gewesen. Die betroffene Firma wollte sich dazu laut Spiegel nicht äußern. Die Tierschutzorganisation Peta begrüßte die Anklage als "historischen Durchbruch in der tierschutzrechtlichen Debatte über die industrielle Tierproduktion", in der täglich rund 140 000 Küken getötet würden: "Die Tötung von Wirbeltieren ohne vernünftigen Grund ist strafbar - jahrelang haben Gesetzgeber, Behörden und Agrarindustrie neue Ausflüchte gesucht." Auch der Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer nannte es "richtig und notwendig, dass die Staatsanwaltschaft Münster über eine Anklage versucht, die perverse Praxis des Kükenschredderns zu stoppen".

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