Aggressiver Wahlkampf in den USA:"Kriecherische Deutsche"

Der Republikaner John McCain hetzt mit Hilfe eines Sprechers und eines TV-Spots gegen Rivale Obama und dessen Europa-Besuch. Für die Deutschen gibt's eine Beleidigung.

Nach der Rückkehr von seiner Europa- und Nahostreise ist der demokratische US-Präsidentschaftsbewerber Barack Obama in den USA mit scharfer Kritik aus dem gegnerischen Lager empfangen worden. Statt bei seinem Deutschlandbesuch verwundete US-Soldaten zu besuchen, habe sich der schwarze Senator "an seine Planung gehalten und internationale Spitzenpolitiker und kriecherische Deutsche getroffen", sagte Tucker Bounds, Sprecher des republikanischen Bewerbers John McCain.

Aggressiver Wahlkampf in den USA: Bemüht sich, im US-Wahlkampf nicht in die Defensive zu geraten: John McCain

Bemüht sich, im US-Wahlkampf nicht in die Defensive zu geraten: John McCain

(Foto: Foto: AP)

Kriecherische Deutsche? Der McCain-Sprecher kann offenbar die Irakkrieg-Absage der Deutschen nicht verwinden. Und so greift er Obama an: Die abgesagte Visite im amerikanischen Militärkrankenhaus Landstuhl und auf dem US-Militärflugplatz Ramstein seien Zeichen für Obamas "mangelnde Erfahrung" und sein fehlendes Urteilsvermögen.

"John McCain ist immer für unsere Soldaten da"

McCain schaltete unterdessen noch einen TV-Spot, in dem Obama kritisiert wurde, weil er in Berlin Zeit für den Besuch eines Fitnesscenters gehabt habe, nicht aber für verwundete Soldaten. "Sieht so aus, als ob das Pentagon keine Kameras erlaubt hat", hieß es in dem Spot, Obama als abgehobenen Medienstar darstellend. Die klare Botschaft: "John McCain ist immer für unsere Soldaten da."

Obamas Sprecher Tommy Vietor sagte, der Besuch in Landstuhl sei abgesagt worden, nachdem das Verteidigungsministerium Bedenken gegen politische Aktivitäten in einer Militäreinrichtung geäußert habe. Das Pentagon erklärte dagegen, Obama sei nie aufgefordert worden, nicht nach Landstuhl zu kommen.

Der Senator aus Illinois hatte in der vergangenen Woche neben Deutschland auch den Irak, Afghanistan, Israel, Jordanien, Frankreich und Großbritannien besucht. In Berlin sprach er vor mehr als 200.000 Zuhörern. US-Medien werteten die Reise als Erfolg.

Obama wies Vorwürfe zurück, er habe seine Reise nach Berlin, Paris und London zu stark für seinen Wahlkampf instrumentalisiert. Es sei Teil des von ihm angestrebten Jobs eines US-Präsidenten, "effektive Beziehungen mit unseren Verbündeten zu schaffen", sagte Obama am Samstag in London nach einer Unterredung mit Premierminister Gordon Brown.

Im Übrigen habe ihm John McCain, der Kandidat der Republikaner, selbst empfohlen, sich im Ausland umzuschauen. "Ich erachte diese Reise für wichtig, weil ich überzeugt bin, dass wir zu Hause mit Problemen konfrontiert sind, die wir ohne starke Partner im Ausland nicht effektiv genug lösen können", sagte Obama.

Würde Obama lieber einen Krieg als eine Wahl verlieren?

McCain sieht das anders: "Senator Obama versteht nicht, was hier auf dem Spiel steht", so der Kommentar des Republikaners in einem ABC-Interview zur Irakpolitik seines Konkurrenten. "Er hat einen politischen Weg gewählt, der ihm geholfen hat, die Nominierung seiner Partei zu bekommen. Wenn wir gemacht hätten, was Senator Obama machen will, wären Chaos, Völkermord, verstärkter iranischer Einfluss und vielleicht wieder eine von al-Qaida etablierte Basis die Folgen."

McCain relativierte seine zuvor am Wochenende signalisierte Zustimmung zu Obamas Vorschlag, 16 Monate nach der Präsidentenwahl mit einem Truppenrückzug aus dem Irak zu beginnen. Entscheidend sei die Lage im Irak. "Alles ist ein guter Zeitplan, der von den Bedingungen vor Ort diktiert wird." Der Zeitplan für einen Rückzug dürfe nicht von einem "künstlichen Datum" diktiert werden, sondern von der Sicherheitslage. McCain knüpfte damit an eine scharfe Attacke von Anfang vergangener Woche an, Obama würde es vorziehen einen Krieg zu verlieren, damit er eine Wahl gewinnen könne.

"Russland ist eine Autokratie geworden"

Doch nicht nur gegen seinen Konkurrenten teilte McCain am Wochenende kräftig aus - auch außenpolitisch sprach er Klartext. Russland bezeichnete er als autokratischen Staat. Der ehemalige Präsident und jetzige Ministerpräsident Wladimir Putin und seine Regierung hätten Russland "auf einen sehr schlechten Weg gebracht", sagte McCain im ABC-Interview auf die Frage nach seiner Forderung, Russland aus der G-8 auszuschließen. "Es ist eine Autokratie geworden."

Es genüge schon, einen Blick auf die vergangene Woche zu werfen: "Sie haben ihre Öllieferungen an Tschechien reduziert, weil die Tschechen mit uns ein Abkommen geschlossen haben", sagte der Senator aus Arizona mit Blick auf den in Tschechien geplanten US-Raketenschild. Russland habe auch den Ölkonzern BP aus dem Land gedrängt.

Zudem übe Moskau starken Druck gegen die Ukraine und Georgien aus und blockiere im UN-Sicherheitsrat Maßnahmen gegen Iran. "Wir wollen, dass sich Russland international besser benimmt, und wir haben jedes Recht, dies zu erwarten", sagte McCain. "Und ich werde tun, was ich kann, um zu erreichen, dass sie viele ihrer Verhaltensweisen ändern, die nicht hilfreich für den Frieden in der Welt waren."

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