Afrika:Meine Presseschau

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Die Medien feiern den Prozess gegen Ex-Diktator Habré als Durchbruch. Ausgewählt von Tobias Zick, Kapstadt.

Die Szene wird in die afrikanische Geschichtsschreibung eingehen. Ein früherer Diktator im weißer Turban, die Augen hinter einer Sonnenbrille verschanzt, reckt die Faust und ruft ein letztes Mal wie immer wieder im Prozess: "Nieder mit Françafrique!" Ein Seitenhieb auf die Einflussnahme Frankreichs im postkolonialen Afrika, und eine Beschimpfung der afrikanischen Richter vor ihm, denn die haben sich mit der Aufarbeitung seiner vom Westen gebilligten Gewaltherrschaft beschäftigt. Die Sicherheitsleute führen den Mann aus dem Saal, um ihm der Vollstreckung des soeben verkündeten Urteils zuzuführen: lebenslange Haft.

Hissène Habré, Diktator des Tschad von 1982 bis 1990, hatte sich seinerzeit mit Unterstützung der USA an die Macht geputscht; die frühere Kolonialmacht Frankreich hat nach neuen Erkenntnissen sein Regime tatkräftiger gestützt als bislang bekannt: Habré galt im Westen als nützlicher Verbündeter gegen seinen nördlichen Nachbarn Muammar al-Gaddafi. Unter seiner Herrschaft starben bis zu 40 000 Menschen; viele davon unter bestialischer Folter. Und nun hat ihm, nachdem er zweieinhalb Jahrzehnte unbehelligt im senegalesischen Exil lebte, dort ein Sondergericht der Afrikanischen Union den Prozess gemacht.

Afrikanische Richter verurteilen auf afrikanischem Boden einen afrikanischen Gewaltherrscher: Das ist ein Durchbruch, afrikanische Medien feiern ihn. Aujourd'hui aus Burkina Faso, einem Land mit einer starken und erfolgreichen Demokratiebewegung, ruft dem Gericht ein "Bravo!" zu - dieser "erzieherische Prozess" werde "Geschichte schreiben"; schließlich hätten damit "die Afrikaner den Beweis erbracht, dass sie in der Lage sind, ihre Fürsten - pardon, ihre Henker - selbst zu richten." Auch Le Pays aus demselben Land sieht in dem Wirken des afrikanischen Sondergerichts ein "starkes Signal" und "eine Hoffnung machende Erfahrung, welche die Afrikaner dazu inspirieren sollte, sich dauerhaft mit derartigen Gerichten auszustatten."

Ein erfolgreich arbeitendes afrikanisches Tribunal als Alternative zum Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag, der in jüngster Zeit in Misskredit geraten ist: Das ist der Tenor vieler Reaktionen wie auch eines Leitartikels der guineischen Online-Zeitung Ledjely: Mit dem Prozess und dem Urteil gegen Habré "nimmt Afrika eine wesentliche Etappe seiner Geschichte". Nicht nur, dass die Opfer des tschadischen Gewaltregimes Genugtuung erführen: "Auch die juristische Souveränität des afrikanischen Kontinents erhebt sich damit auf eine höhere Stufe. Wenn die Akteure der Zivilgesellschaft nicht in Lethargie zurückverfallen, dann wird ein Einschreiten des Internationalen Strafgerichtshofs in Afrika schon bald nicht mehr nötig sein."

Auch im fernen Ostafrika hat das Urteil Aufsehen erregt, etwa in Uganda, dessen seit 30 Jahren regierender Präsident Yoweri Museveni kürzlich bei der Vereidigung zu einer weiteren Amtszeit einen Eklat provozierte, indem er den IStGH einen "Haufen nutzloser Leute" nannte - die anwesenden westlichen Diplomaten verließen daraufhin den Saal. Die ugandische Zeitung The Observer erinnert nun daran, dass nicht nur Museveni, sondern viele seiner Kollegen nach anfänglichem "Enthusiasmus" in ihrer Unterstützung für das Haager Gericht "zurückgerudert" sind - das Urteil sei deshalb ein lobenswerter "erster Schritt für die Afrikaner, Lösungen für die Lücken der Justiz zu finden". Und ganz konkret bringe es, neben der Genugtuung für Habrés Opfer, auch "Hoffnung für jene, die anderswo auf dem Kontinent in einer ähnlichen Lage sind."

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