Afrika:Kontinent ohne Vorbild

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Der Milliardär Mo Ibrahim verleiht einen Preis an vorbildliche afrikanische Staatsmänner - doch dieses Jahr findet er niemanden, der das Millionen-Preisgeld verdient hätte.

Arne Perras

Mehr Mandela, weniger Mobutu. Damit wäre schon viel erreicht für Afrika. Der Kontinent leidet häufig unter schlechten Regenten, wie einst der Kongo unter dem Diktator Mobutu. Wie man die Misere überwindet, ist eine unbeantwortete Frage. Der sudanesische Mobilfunk-Unternehmer und Milliardär Mo Ibrahim hat mit einer pfiffigen Idee die Debatte belebt. Er gründete eine Stiftung, die seit 2007 gutes Regieren belohnt - und zwar mit sehr viel Geld. Die diesjährige Auswahl Ibrahims erregt größeres Aufsehen als in früheren Jahren. Die Jury erklärt, sie habe 2009 leider gar keinen Preisträger finden können.

Die Suche nach Afrikas politischem Superstar ist stets mühsam. Allerdings ist es auch so, dass Mo Ibrahim den Kreis der Kandidaten klein gehalten hat: Wer als Staatschef, Präsident oder Premier im Amt ist, kommt gar nicht in die Auswahl, selbst wenn er wie einst Nelson Mandela in Südafrika strahlen würde. Der Sudanese will vielmehr Politiker belohnen, die etwas geleistet haben und sich verfassungsgemäß aus der Macht verabschieden.

Der Idealtypus wäre der weise, friedfertige Gegentyp zu Simbabwes Despoten Robert Mugabe, einer also, der sich nach fairen Wahlen oder abgelaufener Amtszeit in den Ruhestand zurückzieht. Dafür wird er nicht zu knapp belohnt: Fünf Millionen Dollar jährlich bekommt der Sieger, ein Jahrzehnt lang. Später sind es 200.000 US-Dollar jährlich, bis ans Lebensende. Und ein dickes Extrakonto für gute Zwecke gibt es noch dazu. Zwei Männer haben den Preis bisher bekommen, der Mosambikaner Joaquim Chissano und der Botswaner Festus Mogae.

Manche haben Ibrahim vorgeworfen, er verschleudere nur Geld, das sinnvoller eingesetzt werden könnte: für Schulen oder Kliniken, Medikamente oder Saatgut. Aber der Sudanese widerspricht: Weil er die Führungskrise Afrikas als Wurzel allen Übels betrachtet, will er auch genau dort ansetzen: Ganz oben. Er möchte einen Anreiz schaffen, dass Afrikaner nicht mehr so lange an der Macht kleben. Sie sollen gerade deshalb so viel Geld bekommen, weil sie dann einen gewichtigen Grund weniger haben, sich an die Herrschaft zu klammern.

So jedenfalls hat sich Ibrahim das aus-gedacht. Er findet dabei in Afrika viel Beachtung. Aber vielleicht ist es auch so, dass er manchen Fallstrick verkennt, den langjährige Herrscher fürchten müssen. Um den Kern der Macht wächst immer schnell ein dicker Filz.

All die Günstlinge und Getreuen, die den Aufstieg eines Präsidenten mitbegleiten, sie drängen den ersten Mann, so lange zu bleiben wie möglich. Wenn er erst mal draußen ist, besiegelt dies oft auch den Karriereknick für seine Entourage. In manchen Staaten kann es bedeuten, dass sie verfolgt werden und ins Exil flüchten müssen. Weil das Klientelsystem in Afrika tiefer verwurzelt ist als anderswo, tun sich Führer doppelt schwer, von der Macht zu lassen. Ob Ibrahims satte Pension als Anreiz ausreicht, ist deshalb also nicht sicher.

Es ist auch kaum messbar, was Ibrahim mit seinem Preis bewegt. Solange er von der Idee überzeugt ist, wird er sie mit aller Kraft vorantreiben, wie er es immer getan hat. Als er vor fast zehn Jahren das Unternehmen Celtel aus der Taufe hob, schüttelten viele den Kopf. Mobiltelefone für die armen Afrikaner? Heute wächst dieser Markt schneller als jeder andere der Welt. Das hat Ibrahim reich gemacht. Und davon, sagt er, wolle er etwas an Afrika zurückgeben. Deshalb vergibt er nun seinen Preis - wenn ihn denn einer verdient.

© SZ vom 20.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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