US-Präsident in Äthiopien:Obama betritt heikles Terrain

US-Präsident in Äthiopien: Auf politisch schwierigem Gelände: US-Präsident Barack Obama in Addis Abeba

Auf politisch schwierigem Gelände: US-Präsident Barack Obama in Addis Abeba

(Foto: AFP)

In Äthiopien beginnt der politisch schwierige Teil der Afrika-Tour des US-Präsidenten. Er trifft dort auf eine Reihe Staats- und Regierungschefs, die sich demonstrativ vom Westen abwenden.

Kommentar von Tobias Zick, Kapstadt

Mit seinem Besuch in Kenia, dem Geburtsland seines Vaters, hat Barack Obama den spektakulären Teil seiner Afrika-Reise hinter sich gebracht. Nun ist der US-Präsident, weniger aufsehenerregend, nach Äthiopien weitergereist. Damit beginnt der politisch heikle Teil seiner Tour.

In der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba macht Obama einem Regime die Aufwartung, das zu den repressivsten des Kontinents gehört, zugleich enormes Wirtschaftswachstum vorweisen kann - und für die USA ein Stabilitätsanker am krisenreichen Horn von Afrika ist.

Obamas Worte werden wenig ändern

Amerika unterstützt das Militär im Kampf gegen die somalische Al-Shabaab-Miliz und lässt Aufklärungsdrohnen von Äthiopien aus starten. Wie zuvor in Kenia kritisierte Obama am Montag pflichtschuldig die Menschenrechtslage; ändern werden seine Worte wenig.

An diesem Dienstag dann besucht Obama die Afrikanische Union (AU). Deren futuristisches Gebäude in Addis Abeba ist ein Geschenk der Chinesen, die den Amerikanern bei Handel und Investitionen in Afrika längst den Rang abgelaufen haben und mit ihrem Prinzip der Nichteinmischung auch politisch eine interessante Alternative zum Westen bieten.

In dem Bau wird Obama auf eine Versammlung von Staats- und Regierungschefs treffen, die sich immer demonstrativer vom Westen abwenden. Der größte Eklat war zuletzt die konzertierte Fluchthilfe für den sudanesischen Diktator Omar al-Baschir, der vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag als mutmaßlicher Völkermörder gesucht wird: Zu einem AU-Gipfel in Südafrika konnte Baschir im Juni unbehelligt ein- und wieder ausreisen.

Der Präsident des Gastlandes, Jacob Zuma, brach offen das Völkerrecht, das ihn verpflichtet hätte, Baschir auszuliefern. Er wusste, dass er auf den Beifall seiner Kollegen zählen konnte. Immer wieder wettern AU-Vertreter gegen den Gerichtshof, jenes vermeintliche Werkzeug der westlichen "Kolonialisten und Imperialisten".

Afrikanische Präsidenten mit antiimperialistischer Rhetorik

Afrika, der jahrhundertelang von Sklaverei und Kolonialismus geknechtete Kontinent, bäumt sich endlich auf gegen Fremdherrschaft und Bevormundung - das ist die Botschaft, die zurzeit in vielerlei Variationen erklingt. Etwa wenn der kongolesische Präsident Joseph Kabila versucht, die UN aus seinem Land zu werfen, weil sie ihn bei seinem verfassungswidrigen Streben nach einer dritten Amtszeit stören.

Oder wenn Kenias Präsident Uhuru Kenyatta schwulenfeindliche Gesetze mit den Worten verteidigt, Afrika habe eben "andere Werte" als der Westen. Oder wenn die Regierung des mit westlicher Entwicklungshilfe wiederaufgebauten Ruanda bei Ermittlungen zu ihren eigenen Menschenrechtsverstößen eine angebliche "westliche Solidarität in der Erniedrigung von Afrikanern" beklagt.

Die panafrikanische, antiimperialistische Rhetorik ist freilich allzu oft nur ein Deckmäntelchen für die privaten Macht- und Geldinteressen afrikanischer Langzeitherrscher, die hoffen, dadurch ihre Völker hinter sich zu scharen. (Gleichzeitig um Millionen Dollar an Entwicklungs- und Militärhilfe zu buhlen, ist für sie kein Widerspruch.)

Die jungen, gebildeten Afrikaner aber, die sich in Conakry, Kinshasa und Bujumbura von der Polizei niederknüppeln lassen, tun dies im Grunde für die immer gleichen Ziele: Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit - mithin für klassische "westliche" Werte.

Glaubwürdigkeit des Westens entscheidend

Der Westen ist in Afrika nach wie vor höchst beliebt. Abertausende junge Afrikaner haben, wenn sie auf eine lebensgefährliche Reise durch Wüsten und übers Meer aufbrechen, vor allem ein Traumziel im Kopf: Europa oder die USA. Zugleich sehen die bestens informierten jungen Afrikaner genau, wie oft Amerika und Europa die eigenen Ideale verraten. Ihnen entgeht nicht, dass US-Drohnen in Somalia auch Unschuldige töten; dass die von Amerika, Großbritannien und Deutschland ausgerüstete und trainierte kenianische Anti-Terror-Polizei pauschal gegen Muslime vorgeht.

Und sie wissen, dass die USA, die immer wieder die Auslieferung afrikanischer Kriegsverbrecher nach Den Haag fordern, selbst dem Internationalen Strafgerichtshof fernbleiben. Die Straffreiheit für amerikanische Folterer in Guantanamo und Abu Ghraib ist Wasser auf die Mühlen afrikanischer Despoten, die das Haager Gericht sabotieren, und ein gewichtiger Grund dafür, dass auch junge, gebildete Afrikaner noch heute Gewaltherrscher wie Robert Mugabe in Simbabwe verehren - weil er "einer ist, der dem Westen die Meinung sagt".

Amerika und Europa haben in Afrika, trotz aller Konkurrenz durch China, nach wie vor einen guten Stand. Wie groß der Einfluss in Zukunft sein wird, hängt wesentlich davon ab, wie glaubwürdig der Westen zu seinen eigenen Werten steht.

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