Afghanistan:Sommeroffensive

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Im Zentrum Kabuls trauern Afghanen um die mindestens 15 Zivilisten, die am Freitag durch eine Lastwagen-Bombe getötet wurden. (Foto: Rahmat Gul/AP)

Wer gehofft hatte, die Taliban seien durch den Tod ihres Anführers Mullah Omar geschwächt worden, sieht sich getäuscht. Afghanistan erlebt eine brutale Terrorwelle. Seit Jahresbeginn wurden 5000 Zivilisten getötet oder verletzt.

Die radikalislamischen Taliban haben Afghanistan mit einer Welle der Gewalt überzogen. Kurz nach einer verheerenden Anschlagserie in der Hauptstadt Kabul riss ein Selbstmordattentäter der Extremisten in der nordafghanischen Provinz Kundus mindestens 25 Menschen mit in den Tod. Die meisten Opfer seien Angehörige einer regierungsfreundlichen Miliz gewesen, teilte die Polizei mit. Der Attentäter habe sein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug nahe einer Versammlung der Miliz zur Explosion gebracht. Die Anschlagsserie dämpfte Hoffnungen, die Taliban wären durch einen Führungsstreit nach dem Tod ihres langjährigen Anführers Mullah Mohammed Omar geschwächt.

Am Freitag waren bei der schwersten Anschlagserie seit Jahren in Kabul mehr als 60 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt worden. Zunächst hatte ein Selbstmordattentäter in einem Lastwagen versteckten Sprengstoff gezündet. Dann sprengte sich ein Attentäter in einer Schlange von Kadetten vor der Polizeiakademie in die Luft. Am Abend griffen Taliban-Kämpfer eine Basis der Nato-geführten Ausbildungsmission Resolute Support (RS) an, die in der Nähe des Bundeswehr-Lagers im Viertel Kasaba liegt. Dabei wurde auch ein US-Soldat getötet. Die Taliban bekannten sich zu den Anschlägen in Kundus, vor der Akademie sowie dem Angriff auf RS-Soldaten, wiesen aber jede Verantwortung für die Lastwagenbombe zurück.

Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (Unama) teilte mit, die Zahl der zivilen Opfer bei den drei Angriffen in Kabul sei die höchste, die die UN seit Beginn der systematischen Registrierung 2009 an einem einzelnen Tag in Afghanistan verzeichnet hätten. Seit Jahresanfang seien fast 5000 Zivilisten getötet oder verletzt worden.

Der jährlichen Sommeroffensive der Taliban war ein Führungswechsel vorausgegangen. Dabei zeigten sich Anzeichen innerer Konflikte. So verweigerte die Familie des bisherigen Taliban-Chefs Mullah Omar dem neuen Anführer Akhtar Mohammed Mansour die Gefolgschaft.

Zum Jahreswechsel war der von der Nato geführte internationale Kampfeinsatz nach 13 Jahren zu Ende gegangen. Am Folgeeinsatz zur Beratung der afghanischen Sicherheitskräfte sind auch 860 Bundeswehrsoldaten im Norden des Landes beteiligt. Ihr Feldlager in Kundus hatte die Bundeswehr 2013 an das afghanische Militär übergeben.

© SZ vom 10.08.2015 / dpa, Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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