Afghanistan:Schwerster Anschlag seit dem Sturz der Taliban

Bei einem Selbstmordattentat vor der indischen Botschaft in Kabul sind Dutzende Menschen getötet worden. Mehr als 140 wurden verletzt. Berlin verurteilte den Anschlag aufs Schärfste.

Bei einem Selbstmordanschlag vor der indischen Botschaft in Kabul sind laut afghanischem Innenministerium 44 Menschen getötet worden. Mehr als 140 wurden verletzt. Der Anschlag ist der schwerste in der afghanischen Hauptstadt seit dem Sturz der Taliban im Jahr 2001.

Anschlag in Kabul, Reuters

Polizisten sichern den Ort des schweren Anschlags in Kabul, bei dem am Morgen mehr als 40 Menschen getötet wurden.

(Foto: Foto: Reuters)

Unter den Opfern seien Zivilpersonen und Sicherheitskräfte, erklärte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Der Täter fuhr ein mit Sprengstoff beladenes Auto und brachte es im morgendlichen Berufsverkehr vor der indischen Botschaft zur Explosion, teilte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums mit. Laut Innenministerium rammte der Täter das Tor des Botschaftsgebäudes.

Berlin und Washington verurteilen Anschlag aufs Schärfste

Die Bundesregierung verurteilte den Anschlag in Kabul auf das Schärfste. In einer Erklärung von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hieß es: "Wir teilen die Trauer und Bestürzung des afghanischen Volkes und versichern auch der indischen Regierung unser Mitgefühl."

Es sei das Ziel der Terroristen, geordnete und demokratische Verhältnisse in Afghanistan zu verhindern, erklärte Steinmeier weiter. "Wir zählen deshalb auf die schnelle Arbeit der afghanischen Behörden: Die Hintermänner des Attentats müssen umgehend gefunden und zur Rechenschaft gezogen werden."

Auch die US-Regierung hat den Selbstmordanschlag auf die indische Botschaft verurteilt. Die Extremisten hätten wieder einmal ihre Missachtung für Menschenleben unter Beweis gestellt, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Gordon Johndroe, am Rande des G8-Gipfels in Toyako. Die USA stünden Seite an Seite mit den Völkern Afghanistans und Indiens gegen den "gemeinsamen Feind".

Die Bombe war gegen 8.30 Uhr Ortszeit detoniert, dicke Rauchwolken waren zu sehen. Die Explosion war in der gesamten Innenstadt zu hören.

Nach Angaben eines Botschaftsvertreters blieben der indische Botschafter und weitere ranghohe Diplomaten unversehrt. Unter den Toten waren mindestens zwei indische Sicherheitskräfte. "Wir gehen auf Trümmern", sagte der Botschaftsvertreter weiter.

Autos wurden zerstört, Fenster zersprangen

Das Gebäude sei stark beschädigt worden. Augenzeugen berichteten von am Tatort liegenden abgetrennten Gliedmaßen und Hautfetzen. Mehrere Autos wurden zerstört, im Umkreis von mehreren hundert Metern barsten die Fensterscheiben von Geschäften.

Aus dem Außenministerium in Neu-Delhi hieß es, auf der indischen Seite habe es Opfer gegeben. Die meisten davon hätten dem Sicherheitspersonal angehört. Der Anschlag habe Mitarbeitern der Botschaft auf deren Weg zur Arbeit gegolten. Zwei Diplomatenfahrzeuge seien zum Zeitpunkt des Anschlags auf das Botschaftsgelände gefahren. Der indische Außenminister Pranab Mukherjee rief ein Krisentreffen mit dem Innen- und dem Verteidigungsminister ein.

Vor der Botschaft stehen jeden Morgen Dutzende Männer an, um ein Visum für Indien zu beantragen. Die Hauptstadt war in den vergangenen Monaten von Anschlägen der Taliban verschont geblieben. Im September 2006 fielen zwölf Menschen einem Selbstmordanschlag zum Opfer, ebenfalls in der Nähe des Innenministeriums.

Die Taliban haben angekündigt, in diesem Jahr mehr Selbstmordanschläge verüben zu wollen. Die indische Regierung pflegt gute Beziehungen zur Regierung in Kabul und finanziert zahlreiche Infrastrukturprojekte in Afghanistan, stellt aber keine Soldaten. Wegen des Konflikts um die geteilte Region Kaschmir gerät Indien immer wieder ins Visier militanter Muslime. Zahlreiche Extremisten, die zuvor für den Anschluss des indischen Teils Kaschmirs an Pakistan kämpften, sind inzwischen in Afghanistan aktiv.

Erst am Sonntag waren bei einem Anschlag im Kommandobereich der Bundeswehr im Norden Afghanistans zwei deutsche Polizisten verletzt worden. Die Beamten hatten nach Angaben des Bundesinnenministeriums bei der Explosion in der Provinz Kundus leichte Verletzungen erlitten.

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