Afghanistan:Offensive der Taliban

Afghanistan: Rauschwaden im Parlament: Dieses Foto machte ein Abgeordneter nach dem Angriff.

Rauschwaden im Parlament: Dieses Foto machte ein Abgeordneter nach dem Angriff.

(Foto: Naqibullah Faiq/AP)

Zu Beginn der Legislaturperiode attackieren die Islamisten das Parlament in Kabul. Afghanische Sicherheitskräfte schlagen sie zurück. Auch in der Provinz sind die Rebellen auf dem Vormarsch.

Beim einem Sturm eines Taliban-Kommandos auf das afghanische Parlament sind alle acht Angreifer und zwei Zivilisten getötet worden. Zunächst sprengte sich am Montag ein Selbstmordattentäter in einem Auto am Westtor des Parlamentsgeländes in die Luft, um seinen Mitkämpfern Zugang zu verschaffen. Ein Sprecher des Innenministeriums sagte: "Sieben Angreifer, die versuchten, das Parlamentsgebäude zu stürmen, wurden alle durch Sicherheitskräfte getötet." Abgeordnete seien nicht zu Schaden gekommen.

Im Parlament hatte sich am Montag der designierte Verteidigungsminister Masum Staniksai vorstellen wollen. Zudem hätte die neue Legislaturperiode beginnen sollen. Da es bislang keine Wahlen gab, hat Präsident Aschraf Ghani die Sitzungsperiode in einem umstrittenen Schritt auf unbestimmte Zeit verlängert. Der Außenpolitik-Experte der Grünen im Bundestag, Omid Nouripour, warnte: "Es droht ein politisches Vakuum in Afghanistan."

In der Vergangenheit hatten die Taliban bereits mehrmals Angriffe auf Regierungsgebäude geführt. Ein Polizeisprecher sagte, ein Kind und eine Frau seien bei der Detonation vor dem Gebäude getötet worden. Nach Krankenhausangaben wurden 30 Zivilisten verletzt. Kabuls Polizeichef Abdul Rahman Rahimi sagte, die Angreifer seien beim Eindringen in das Gelände von Polizisten in Kämpfe verwickelt worden und in ein nahe gelegenes Gebäude geflohen. Von dort aus hätten sie sich Gefechte mit den Sicherheitskräften geliefert. Laut einem Polizeisprecher wurden alle Parlamentarier in Sicherheit gebracht.

Die Streitkräfte sind in der Frühjahrsoffensive der Taliban weitgehend auf sich gestellt

Die Taliban gaben die Tat zu. "Das Parlamentsgebäude ist unter schwerem Angriff der Mudschahedin und ist umstellt worden", teilte Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid über Twitter mit. Das Parlament gilt als einer der am besten bewachten Orte im Land. Die Abgeordnete Sidika Mubares sagte, das Gebäude sei von einer schweren Explosion erschüttert worden. Glassplitter hätten einige Menschen verletzt. Von der Attacke wurden Live-Bilder im Fernsehen gezeigt.

Auch am früheren Bundeswehr-Standort Kundus setzten die Taliban ihren Vormarsch fort. In der Provinz eroberten die Aufständischen am Montag weitgehend den Bezirk Dascht-e-Archie, wie Distriktgouverneur Nasruddin Sayedi sagte. "Die Gefechte zwischen Extremisten und Sicherheitskräfte dauerten die Nacht über an, bis der Bezirk am frühen Morgen an die Taliban fiel." Die Regierung habe die erbetene Verstärkung nicht geschickt. Damit ist der zweite von sieben Distrikten in der Provinz unter Kontrolle der Taliban. Am Wochenende war es den Rebellen gelungen, Char Darah einzunehmen.

Die Bundeswehr war im Oktober 2013 aus Kundus abgezogen. Die afghanischen Sicherheitskräfte sind in der Frühjahrsoffensive der Taliban weitgehend auf sich selber gestellt, seit der Nato-Kampfeinsatz Ende vergangenen Jahres auslief. Fast tausend Zivilisten wurden in den ersten vier Monaten des Jahres getötet. Die Bemühungen von Präsident Ghani, die Aufständischen an den Verhandlungstisch zu bekommen, haben bisher nicht für ein Ende der Gewalt sorgen können.

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