Afghanistan:Merkel verurteilt Mord an Entwicklungshelfer

Die Politik reagiert bestürzt auf den Tod eines deutschen Entwicklungshelfers in Afghanistan. SPD-Fraktionschef Steinmeier besteht auf einem konkreten Abzugstermin.

Peter Blechschmidt, Berlin

Die SPD beharrt auf einem konkreten Termin für den Beginn des Abzugs der Bundeswehr aus Afghanistan. Davon mache die SPD ihre Zustimmung zu einer weiteren Verlängerung des Afghanistan-Mandats abhängig, sagte Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier der Bild am Sonntag. Die Bundesregierung, aber auch der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin zeigten sich derweil bestürzt über den Tod eines deutschen Entwicklungshelfers, der an Heiligabend offenbar von Taliban ermordet worden war.

Afghanistan: Für die Zustimmung der SPD zum Afghanistan-Einsatz müsse der Beginn des Rückzugs im Mandat enthalten sein, sagt SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier.

Für die Zustimmung der SPD zum Afghanistan-Einsatz müsse der Beginn des Rückzugs im Mandat enthalten sein, sagt SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier.

(Foto: AFP)

Der Bundestag muss das Mandat für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan im Januar um ein weiteres Jahr verlängern. "Für die Zustimmung der SPD muss der Beginn des Rückzugs im Mandat enthalten sein", sagte Steinmeier. Das sei "eine Frage der Glaubwürdigkeit". Schon im Afghanistan-Mandat vom Januar 2010 sei der beginnende Rückzug deutscher Soldaten beschrieben. "Das muss 2011 durch konkretes Tun untermauert werden."

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte vor zehn Tagen im Bundestag angekündigt, dass das Bundeswehr- Kontingent Ende 2011 erstmals reduziert werden könne. Dagegen will sich Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nicht auf Termine festlegen. Er betont, dass eine Truppenreduzierung von der jeweiligen Sicherheitslage abhänge. Steinmeier forderte von der Bundesregierung, sie solle "weniger Ehrgeiz in der Medienarbeit" und stattdessen "mehr Ehrgeiz zeigen, die Beendigung des Einsatzes vorzubereiten". Außer Streit zwischen Außen- und Verteidigungsminister sei davon wenig zu sehen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) bekundeten den Angehörigen des getöteten deutschen Entwicklungshelfers ihr Mitgefühl. Der Ingenieur, der im Auftrag der deutschen Entwicklungsbank KfW ein Straßenbauprojekt zwischen den Städten Kholm und Kundus in Nord-Afghanistan beaufsichtigte, war am Samstag mit drei Mitarbeitern in einem Auto unterwegs. Die Angreifer eröffneten von zwei Motorrädern aus das Feuer auf den Wagen. Der Deutsche wurde schwer verletzt und starb später im Hospital des Bundeswehr-Feldlagers bei Masar-i-Scharif. Einer seiner afghanischen Begleiter wurde leicht verletzt.

Anschlag richtet sich gegen die Bevölkerung

Über die Täter herrschte nach Angaben des Entwicklungsministeriums (BMZ) am Sonntag noch keine Klarheit. Lokale Taliban-Führer reklamierten den Überfall als ihre Tat.

Merkel und Niebel betonten, der Anschlag richte sich gegen die Bevölkerung. Der Angriff zeige die Skrupellosigkeit der Terroristen, erklärte die Kanzlerin. Sie hätten kein Interesse an einer besseren Zukunft des Landes, sondern wollten die Wiederherstellung einer menschenverachtenden Gewaltherrschaft. Grünen-Fraktionschef Trittin sagte, der Mord mache deutlich, dass sich der Aufstand der Taliban nicht gegen eine angebliche Besatzung richte. "Sie kämpfen gegen die Entwicklung ihres eigenen Landes und die Verbesserung der Lebensbedingungen der eigenen Bevölkerung."

Im Auftrag deutscher Entwicklungshilfe-Organisationen sind nach Angaben des BMZ derzeit mehrere hundert internationale Experten in Afghanistan im Einsatz. Wie viele von ihnen Deutsche sind, konnte ein Sprecher am Sonntag allerdings nicht beziffern.

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