Afghanistan: Kundus-Affäre:Der Zorn des Opfer-Anwalts

Karim Popal will Opfer des Bundeswehr-Luftangriffs bei Kundus vertreten. Das Verteidigungsministerium zweifelt an dem Anwalt. Der verschärft den Ton - und provoziert Krach mit Guttenberg.

Stefan Braun

Im Januar hat das Bundesverteidigungsministerium sich von ersten größeren Zweifeln noch nicht irritieren lassen. Jetzt dagegen hat das Ministerium die schärfste aller Konsequenzen gezogen - und die Verhandlungen mit dem Opferanwalt Karim Popal abgebrochen. Popal vertritt nach eigenen Angaben die Hinterbliebenen der Opfer des verheerenden Luftangriffs im nordafghanischen Kundus. Er hatte mehrfach mit Vertretern des Ministeriums verhandelt, wähnte sich dabei Mitte März sogar auf gutem Wege zu einer Einigung - und reagiert jetzt voller Zorn auf das Ende der Gespräche.

Für Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist das nicht schön: Neben den vielen anderen Baustellen bekommt er auch noch Krach mit dem Anwalt, der ihm in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schwerste Vorwürfe bis hin zur Lüge machte.

Veränderte Sicht der Dinge

Wer in dieser Sache warum und wie agiert und dabei auch Fehler gemacht hat, ist nicht mit absoluter Sicherheit zu klären. Richtig aber ist, dass es im Verteidigungsministerium wiederholt Zweifel gab, ob Popal der richtige sei für Verhandlungen, in denen es nicht um persönliche Entschädigungen geht, sondern um eine Förderung zahlreicher Projekte in exakt jener Gegend, in der vor gut einem halben Jahr, am 4.September 2009, bis zu 142 Afghanen durch einen Bombenangriff ums Leben kamen.

Als Mitte Januar schon einmal Unsicherheiten auftraten, erklärte ein Sprecher Guttenbergs noch, man stehe zu den Gesprächen und sehe in Popal einen rechtmäßigen Vertreter der Opferinteressen. Er sagte: "Popal ist ein in Deutschland zugelassener Rechtsanwalt, der nachweisen konnte, dass er Opfer vertritt; deshalb verhandeln wir mit ihm weiter." Diese Sicht auf die Dinge hat sich inzwischen offenbar geändert.

Laute Reaktion

Hintergrund ist die Sorge, dass das Geld - einige Millionen Euro - bei einer weiteren Kooperation mit Popal nicht wirklich an den richtigen Stellen und zum Nutzen der richtigen Leute eingesetzt worden wäre. Entsprechende Zweifel wurden zuletzt während einer Reise von Staatssekretär Christian Schmitt nach Afghanistan in der vergangenen Woche deutlich, bei der Schmitt als Reaktion auf die Bedenken die Verbindung zum Unabhängigen Afghanischen Flüchtlingskomitee ausgebaut hat. Nun will Guttenbergs Ministerium künftig vor allem mit deren Vertretern verhandeln.

Für Popal ist das ein Rückschlag. Entsprechend laut reagiert er. So wirft er Guttenberg Arroganz vor, weil er, Popal, aus der Zeitung vom Abbruch der Gespräche erfahren habe. Und er behauptet, Guttenberg sei vor dem Druck der Nato eingeknickt, die im Falle deutscher Zugeständnisse einen Präzedenzfall auch für andere Länder fürchte. Doch während diese Behauptung des Anwalts einfach so im Raum steht, will Popal an anderer Stelle konkret werden. Wie es heißt, bereite er nun eine Entschädigungsklage vor.

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