Afghanistan:Selbstmordattentäter greifen gezielt Journalisten an

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Sicherheitskräfte stehen nach einer Explosion in Kabul in einer Rauchwolke. (Foto: dpa)
  • Bei einem Doppelanschlag in der afghanischen Hauptstadt Kabul sind mindestens 25 Menschen getötet worden.
  • Unter den Opfern sind mindestens fünf Journalisten, die auf dem Weg zum Anschlagsort waren.
  • Im Süden Afghanistans hat ein Selbstmordattentäter mindestens elf Kinder mit in den Tod gerissen.
  • Im Osten des Landes wurde bei einem Angriff ein Reporter der britischen BBC getötet.

Ein Motorradfahrer sprengt sich in der Stadt in die Luft. Journalisten und Helfer eilen zum Tatort. Unter ihnen ist ein als Fotograf getarnter Terrorist, der eine zweite Bombe zündet. Mindestens 25 Menschen haben Selbstmordattentäter so am Montagmorgen in Kabul getötet. Mindestens 49 weitere Menschen seien verletzt worden, sagte ein Polizeisprecher. Das Gesundheitsministerium meldete nur 21 Tote. Afghanische Regierungssprecher sind aber bekannt dafür, Opferzahlen für die Öffentlichkeit kleinzuhalten.

Die beiden Anschläge in der Hauptstadt wurden kurz hintereinander während des morgendlichen Berufsverkehrs im Viertel Schaschdarak verübt. Ein Selbstmordattentäter auf einem Motorrad hat der Polizei zufolge die erste Detonation an einer Kontrollstelle nahe des Geheimdienstquartiers ausgelöst. Bei den Opfern handle es sich um Zivilisten, berichteten Medien unter Berufung auf Sicherheitskräfte. In dem Stadtviertel befinden sich auch die US-Botschaft und das Nato-Hauptquartier.

Wenig später wurde eine zweite Bombe in demselben Stadtviertel in einer Gruppe von Journalisten gezündet, sagte der Polizeisprecher. Dabei seien mehrere Journalisten getötet oder verletzt worden. Der Selbstmordattentäter des zweiten Anschlags hatte offenbar zur Tarnung eine Kamera getragen. Die Bombe explodierte, als Helfer sich um die Verletzten des ersten Anschlags kümmerten. Reporter ohne Grenzen zufolge wurden mindestens neun Journalisten getötet. Die meisten arbeiteten für afghanische Medien. Der Chef-Fotograf der französischen Nachrichtenagentur AFP in Afghanistan, Shah Marai, war unter den Todesopfern, wie die Agentur auf Twitter mitteilte. AFP-Informationsdirektorin Michèle Léridon kommentierte, sein Tod sei ein "schrecklicher Schlag" für die "tapferen Mitarbeiter" des AFP-Büros in Kabul sowie für die gesamte Nachrichtenagentur.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Doppelanschlag über Propagandakanäle im Internet für sich.

2017 wurden 861 afghanische Kinder getötet

Im Süden des Landes hat ein Selbstmordattentäter mindestens elf Kinder mit in den Tod gerissen. Bei dem Anschlag nahe einer Moschee in der Provinz Kandahar wurden zudem 16 weitere Menschen verletzt, wie örtliche Behörden am Montag mitteilten. Unter den Verletzten im Distrikt Daman seien neun Zivilisten, zwei Polizisten sowie fünf rumänische Soldaten, hieß es. Die Autobombe explodierte demnach, als ein ausländischer Militärkonvoi an der Moschee vorbeifuhr.

Bei einem Angriff im Osten des Landes wurde ein Mitarbeiter des britischen Rundfunksenders BBC getötet. In einer Mitteilung informierte der Sender über den Tod des afghanischen Reporters Ahmad Shah.

In der Provinz Nangarhar sei ein Polizeimitarbeiter ebenfalls bei einem Anschlag ums Leben gekommen, berichteten afghanische Medien. Beide Anschläge hat bislang keine Terrorgruppe für sich reklamiert.

In Afghanistan sind allein 2017 fast 3500 Zivilisten ums Leben gekommen, die meisten davon bei Terroranschlägen. NGOs zufolge waren neun bis 21 davon Journalisten bei der Arbeit. 2017 wurden 861 afghanische Kinder getötet. Neben dem IS begehen auch die Taliban immer noch Anschläge.

Das Land befindet sich seit einem Saurrevolution genannten Putsch im Jahr 1978 und der sowjetischen Militärintervention im Dezember 1979 fast permanent im Kriegszustand. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 griff eine von den USA geführte Koalition das Land an. Sie stürzte das Taliban-Regime - und ist mehr als 16 Jahre später immer noch im Land. Auch Deutschland ist Teil dieser Koalition. 2015 hat die Folgemission "Resolute Support" begonnen, deren Ziel vor allem ist, in Afghanistan für Stabilität zu sorgen.

© SZ.de/dpa/afp/jsa/bepe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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