Afghanistan:Isaf-Stabschef fordert mehr Soldaten

Der deutsche Stabschef im Isaf-Hauptquartier in Kabul, Generalmajor Kasdorf, fordert eine Aufstockung der Nato-Friedenstruppe in Afghanistan. Er schloss ein Scheitern der Mission nicht aus.

"Es ist so, dass einige tausend (zusätzliche Soldaten) hier schon einen großen Unterschied machen könnten", sagte Bruno Kasdorf, der deutsche Stabschef im Isaf-Hauptquartier in Kabul, am Donnerstag in einer Schaltkonferenz aus der afghanischen Hauptstadt.

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Brauchen mehr Unterstützung: deutsche Isaf-Truppen in Afghanistan.

(Foto: Foto: AP)

Zugleich betonte der General die Bedeutung des US-geführten Anti-Terror-Einsatzes "Operation Enduring Freedom", der zuletzt wegen zahlreicher ziviler Opfer auch in Deutschland in die Kritik geraten war. Die Isaf habe schon jetzt zu wenige Truppen und sei auf jede Unterstützung angewiesen, sagte er.

"Da sind 40.000 Soldaten in der Tat ganz eng genäht", kommentierte Kasdorf die derzeitige Isaf-Stärke. Die Nato-Truppe könne zwar militärisch nicht von den radikal-islamischen Taliban besiegt werden. Ohne zusätzliche Truppen werde der Einsatz aber länger dauern.

Kasdorf begründete die Forderung nach mehr Truppen unter anderem damit, dass Taliban-Kämpfer an vielen Stellen wieder einsickerten, sobald Soldaten der internationalen Truppen abgezogen würden.

Armselige Infrakstruktur

An fehlender Ausrüstung nannte er Lufttransport und Aufklärung. Afghanistan sei zwei Mal so groß wie Deutschland und verfüge über eine armselige Infrastruktur. Da spielten Hubschrauber und Flugzeuge eine große Rolle. Die von Deutschland im Frühjahr entsandten Tornado-Aufklärungsflugzeuge nannte er einen "wertvollen Beitrag", von dem er hoffe, dass er erhalten bleibe.

Mehr Unterstützung wünsche sich die Isaf auch bei der Ausbildung der afghanischen Armee. "Es ist noch nicht so, dass wir sagen könnten, wir haben alles, was wir brauchen", betonte Kasdorf.

Spezielle Anforderungen an Deutschland wollte der General nicht stellen. Hier sei die Staatengemeinschaft insgesamt gefordert, stellte er klar. Auch in die deutsche Debatte über die weitere Beteiligung am US- geführten Anti-Terror-Einsatz in Afghanistan wollte er sich nicht einmischen.

Dies sei eine Frage für die Politik, sagte Kasdorf. Zugleich machte er deutlich, dass der OEF-Einsatz für die Arbeit der Isaf sehr wichtig sei: "Wir sind dankbar für jeden Beitrag, den wir bekommen."

Kein Drei-Jahres-Sprint, sondern ein Marathon

Auf die Frage, ob ein Scheitern der Nato in Afghanistan möglich sei, sagte Kasdorf, dies hänge sehr stark vom Willen der Mitgliedstaaten ab. Es gehe darum, wie viele Ressourcen eingesetzt würden. Außerdem müsse die Öffentlichkeit zum Durchhhalten bereit sein.

Sorge bereite ihm, dass zunehmend afghanische Polizisten und Zivilisten Ziel von Anschlägen würden. Auch versuchten die Taliban, durch gezielte Anschläge auf bestimmte Nationen die öffentliche Meinung in den Heimatstaaten zu beeinflussen.

Insgesamt habe sich die Lage am Hindukusch aber nicht verschlechtert und die internationale Gemeinschaft sei dort auf dem richtigen Weg. Klar sei dennoch, dass der Einsatz kein "Drei-Jahres-Sprint" sei, sondern eher ein Marathon.

Deutschland hält zur Unterstützung des OEF-Einsatzes 100 Soldaten der Elitetruppe KSK vor, die allerdings seit Jahren nicht mehr angefordert worden sind. Das OEF-Mandat umfasst darüber hinaus die Sicherung der Seewege am Horn von Afrika durch die Marine, was nicht umstritten ist.

Das KSK kann in Afghanistan auch unter dem normalen Isaf-Mandat zum Einsatz kommen. Als Teil der Isaf sind derzeit rund 3200 deutsche Soldaten und mehrere deutsche Aufklärungs-Tornados in Afghanistan stationiert. Die Mandate hierfür laufen bis Mitte Oktober.

Zweifel aus der SPD

Der ehemalige Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Walter Kolbow, hält eine Überprüfung der deutschen Beteiligung am Antiterror-Einsatz allerdings für notwendig. Der SPD-Politiker sagte im ARD-"Morgenmagazin", mit dem Antiterror-Mandat seien "viele in der Zivilbevölkerung auch zu Schaden gekommen, getötet und verletzt worden". Deshalb müsse man überlegen, ob dieser Einsatz noch weiter sinnvoll sei.

In jüngster Zeit war aus der SPD-Fraktion der Ruf laut geworden, eine Zustimmung im Bundestag bei der anstehenden Verlängerung des Mandats Enduring Freedom (OEF) im Herbst zu verweigern. Unter OEF können bis zu 100 Soldaten aus dem Kommando Spezialkräfte in Afghanistan eingesetzt worden. Die KSK-Soldaten werden allerdings seit 2005 nicht mehr gebraucht.

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